Nahost-Quartett fordert Baustopp in Ostjerusalem

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Anfang kommender Woche soll der US-Sonderbeauftragte Mitchell erneut in die Region reisen, um den Prozess voranzutreiben. Dass Mitchell doch reist, wurde erst durch ein Telefonat zwischen Netanjahu und Clinton möglich.

JERUSALEM/MOSKAU. Die Stellungnahme des Nahost-Quartetts lässt keinen Raum für Interpretationen: Israel wird „dringend aufgefordert“, den Siedlungsbau und die Zerstörung palästinensischer Häuser in Ostjerusalem einzustellen. Und mehr noch: Alle seit März 2001 errichteten Siedlungen sollen, wie im Friedensplan Roadmap vorgesehen, wieder abgebaut werden, forderte die Gruppe aus USA, Russland, EU und UNO am Freitag in Moskau.

Sie appellierte ferner an die Konfliktparteien, von Provokationen abzusehen. Erst in der Nacht auf Freitag hatte es einen Angriff israelischer Kampfflugzeuge auf den Gazastreifen gegeben. Zuvor war erstmals seit dem Gaza-Krieg zum Jahreswechsel 2008/09 wieder ein Mensch in Israel (ein thailändischer Gastarbeiter) durch eine Rakete aus dem Gazastreifen getötet worden.

Friedensverhandlungen sollen binnen zweier Jahre zur Gründung eines „unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staates“ führen, hieß es in der Erklärung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon.

Mit seinen Forderungen unterstreicht das Quartett, dass die Staatengemeinschaft die Annexion Ostjerusalems nie anerkannte und der Status von Jerusalem eine Angelegenheit von Endstatusverhandlungen sei. Anfang kommender Woche soll der US-Sonderbeauftragte George Mitchell erneut in die Region reisen, um den Prozess voranzutreiben.

Vertrauensbildende Maßnahmen

Den schon für diese Woche geplanten Besuch Mitchells in Jerusalem blies das Weiße Haus nach dem Zwischenfall während des Biden-Besuchs ab. Der US-Vizepräsident hatte eben seine Beratungen mit Israels Premier Benjamin Netanjahu beendet, als die Nachricht von der staatlichen Genehmigung für 1600 neue Wohnungen in einer Siedlung in Ostjerusalem bekannt wurde. Dass Mitchell am Sonntag doch reist, wurde erst durch ein klärendes Telefonat zwischen Netanjahu und US-Außenministern Hillary Clinton möglich. Clinton hatte Jerusalem gebeten, auf einen bislang unveröffentlichten Handlungskatalog einzugehen.

Dabei handelt es sich laut Auskunft eines Sprechers von Netanjahu um vertrauensbildende Maßnahmen, wie vermutlich die inoffizielle und temporäre Einschränkung neuer Bauten in ausgewählten Bezirken. Der komplette Baustopp in Ostjerusalem, wie es die PLO jetzt mit Rückendeckung des Quartetts fordert, ist ausgeschlossen. Die Israelis rücken von ihren Ansprüchen auf die gesamte Stadt nicht ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2010)

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