Nato erlaubt Afghanen ihr Opium

Nato erlaubt Afghanen Opium
Nato erlaubt Afghanen OpiumMohnanbau in Afghanistan (c) AP (Abdul Khaleq)
  • Drucken

Das westliche Militärbündnis bemüht sich verstärkt um die Sympathien der afghanischen Bevölkerung. Mohnfelder werden neulich von den Nato-Soldaten verschont. Die USA wollten sogar Opium aufkaufen.

Die von der Nato geführte Internationale Schutztruppe für Afghanistan geht im Kampf gegen die Taliban neue Wege. Die für die afghanische Bevölkerung lebensnotwendige Opiumproduktion wird vom westlichen Militärbündnis geduldet. Anders als bisher üblich wurde etwa in der von den Taliban zuletzt zurückeroberten Marja-Region die dortige Mohnernte bisher nicht zerstört. Es sei sogar überlegt worden, dass die USA den Opiumrohstoff aufkaufen, berichtet die "New York Times".

Seit dem Sturz der Taliban im Gefolge der Anschläge vom 11. September 2001 war es ein fixer Bestandteil der US-Politik, den Mohnanbau rigide zu bekämpfen. Jahrelang rang Washington mit den afghanischen Behörden, damit diese ihren Widerstand gegen die Zerstörung der Mohnernte aufgeben - und nun ist es genau umgekehrt: In Marja, so beschloss General Stanley McChrystal, werden die US-Truppen keine Mohnfelder zerstören.

Nato will sich beliebt machen

Bis zu siebzig Prozent der Bevölkerung in Marja leben hauptsächlich vom Mohn. "Wir zertrampeln nicht die Lebensgrundlage jener, die wir für uns gewinnen wollen", sagte einer der Berater McChrystals gegenüber der "NYT".

Selbst die Anti-Drogen-Behörde der UNO (UNODC) findet das richtig, auch wenn sie den offensichtlichen Widerspruch eingesteht. In diesem speziellen Fall sei es sinnvoll, die Ernte nicht zu zerstören, betonte die UNODC.

Taliban werden mitfinanziert

Mohnanbau in Afghanistan
Mohnanbau in Afghanistan(c) AP (Abdul Khaleq)

Die afghanischen Behörden dagegen verweisen darauf, dass zehn Prozent des Erlöses aus dem Mohnverkauf an die Taliban gehen. Die USA würden damit ihren Feind finanziell unterstützen, "damit er sich umdrehen kann und sie töten kann", so der Sprecher des afghanischen Anti-Drogen-Ministeriums, Zulmai Afzali, gegenüber der "NYT".

Im Kern geht es demnach um eine Streitfrage: Ist das viele Opium schuld an der schlechten Sicherheitslage in Marja, oder ist es doch umgekehrt? Nach Jahren, in denen das Opium als der Schuldige galt, sind US-Militär und UNO-Anti-Drogen-Behörde nun überzeugt, dass der Opiumanbau in erster Linie eine Folge schlechter Sicherheitsverhältnisse ist.

Kein anderes landwirtschaftliches Produkt könne in einer unsicheren Gegend mit Opium mithalten, sagte Jean-Luc Lemahieu, der Vertreter der UNODC in Afghanistan.

Kaufen und zerstören

Laut "NYT" überlegte McChrystal sogar, die Opiumernte in Marja aufzukaufen und dann zu zerstören. Befürchtet wurde jedoch, dass das den Opiumanbau erst recht anfeuern könnte - ganz abgesehen von dem rechtlichen Prolem, dass sich dadurch die US-Truppen zu Unterstützern des Drogenanbaus machen könnten.

Afghanistan produziert derzeit neunzig Prozent des weltweit verfügbaren Opiums. Allein die Provinz Helmand, in der Marja liegt, produziert mehr als die Hälfte davon. Fast 1,5 Millionen Afghanen leben vom Mohnanbau, zugleich ist es eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Taliban. Denn die Opiumbauern selbst werden nicht reich, da die Ernte sehr arbeitsintensiv ist und zudem zehn Prozent des Profits an die Taliban abgeliefert werden müssen.

Billige Mohnpreise

Befürworter der neuen Strategie, die Opiumfelder nicht umzuackern, verweisen laut "NYT" auf den derzeit historisch niedrigen Opiumprreis, der eine direkte Folge der Überproduktion der letzten Jahre ist. Verdienten Bauern früher bis zu 37-mal mehr mit Mohn als mit Weizen, so ist das Gewinnverhältnis derzeit auf rund 3:1 geschrumpft.

Lemahieu und McChrystal sehen darin eine gute Gelegenheit, die afghanischen Bauern zu einem Umstieg zu bewegen. Zusätzlich lockt das Versprechen, Schulen und Krankenhäuser aufzubauen. Für eine endgültige Entscheidung bleibt jedenfalls nur noch wenig Zeit: Zwei Drittel der Mohnfelder in Marja stehen bereits in voller Blüte.

(Ag./Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.