Spindelegger will nicht Mottakis „guter Freund“ sein

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Österreichs Außenminister Michael Spindelegger wehrt sich gegen iranische Umarmungs-Versuche. Seine Botschaft lautet: „Die Zeit wird knapp für den Iran.“

In der Bruno-Kreisky-Gasse wird demonstriert: Transparente, Musik, Parolen. Es ist nur ein kleines Grüppchen der Organisation „Stop the Bomb“, einer antiiranischen Lobbygruppe, das sich am gestrigen strahlend schönen Sonntag im Wiener Regierungsviertel eingefunden hat. Ein paar Mitglieder der Gruppe stehen auf der Straße und verteilen Flugblätter. Ihr Aufruf: „Stoppt das iranische Atomprogramm“.

Hinter der Polizeiabsperrung, im Haus Minoritenplatz 8, im Pressekonferenzsaal, hat der Adressat des Protests Platz genommen: Irans Außenminister Manouchehr Mottaki. Neben ihm sitzt der Hausherr, Außenminister Michael Spindelegger.

Mottaki ist nach Wien gekommen, um für die iranische Position im Atomstreit zu werben. Im UN-Sicherheitsrat droht eine neue Runde von Sanktionen gegen die Islamische Republik, und da Österreich derzeit ein nichtständiges Mitglied des Weltsicherheitsrats ist, wurde Wien zur Destination in Mottakis Reisediplomatie.

Der Kern des Atomstreits ist, dass Iran Uran anreichert und mehrfach gegen Auflagen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA verstoßen hat. Die Amerikaner, die meisten EU-Staaten und vor allem Israel hegen den Verdacht, dass der Iran den Bau einer Atombombe vorantreibt.

Noch in der Amtszeit des früheren Generaldirektors der IAEA, Mohamed ElBaradei, gab es einen Kompromissvorschlag: Teheran sollte sein angereichertes Uran gegen Brennstäbe für einen Forschungsreaktor eintauschen. Damit wäre dem Iran gedient, der damit einen nuklearmedizinischen Forschungsreaktor betreibt. Und damit wäre Zeit gewonnen, da der Iran nach dem Tausch keine Vorräte an spaltbarem Material mehr hätte. Baradeis Idee war es, Zeit für Verhandlungen zu gewinnen, Teheran hätte zudem Vertrauen gewonnen.

Daraus wurde nie etwas. Teheran hat zwar wiederholt Interesse an einem solchen Deal bekundet, über Menge und Zeitpunkt der Uranausfuhr wurde aber keine Einigung erzielt. Bei den USA und deren westlichen Verbündeten machte sich Frustration breit – offenbar, so hieß es, betreibe der Iran weiter ein Spiel auf Zeit.

Bei seiner Unterredung mit dem neuen IAEA-Chef Yukiya Amano vor dem Spindelegger-Termin brachte Mottaki diesen möglichen Kompromiss wieder ins Spiel.

Kein neuer Kompromissvorschlag

Nach „Presse“-Recherchen ist der Vorschlag, den Mottaki Minister Spindelegger vorgestellt hat, allerdings weder neu noch ausreichend. Spindelegger selbst stellte klar, dass das, was derzeit auf dem Tisch liegt, nicht ausreicht: „Die Uhr tickt. Die Zeit wird knapp für den Iran. Ich habe Minister Mottaki klargemacht, dass der Zug Richtung Sanktionen nur aufzuhalten ist, wenn Teheran ein deutliches Signal der Zusammenarbeit gibt.“ Leider habe der Iran in den letzten Monaten eine Reihe von Schritten gesetzt, die die Sorgen der internationalen Gemeinschaft nur noch verstärkt hätten, klagte Spindelegger.

Mottaki bekräftigte den Standpunkt seiner Regierung: Der Iran habe ein Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie. „Im Gegensatz zum Regime in Tel Aviv hat sich der Iran nichts zuschulden kommen lassen, was Sanktionen rechtfertigen würde.“

Mottaki hatte also, wie erwartet, auch nach Wien nichts mitgebracht, was die starren Fronten aufweichen könnte. Spindelegger wehrte Mottakis Umarmungsversuche ab, so gut es ging: Dieser nannte Spindelegger mehrfach einen „guten Freund“. „Gilt das auch umgekehrt?“, wollte der Kollege von der „Kleinen Zeitung“ bei der Pressekonferenz wissen. Spindelegger: „Das kommt darauf an, wie man Freund definiert.“

Menschenrechte eingefordert

Spindelegger legte Wert darauf, festzuhalten, dass im Gespräch eine Reihe von Meinungsverschiedenheiten zutage getreten seien: „Wir werden auch in der Frage der Menschenrechte unsere Kritik weiterhin deutlich artikulieren. Auch die öffentlichen Aufrufe zur Vernichtung Israels sind schlicht inakzeptabel und schüren weiter das internationale Misstrauen.“

Im Vorfeld hatte es Kritik aus der US-Botschaft und wichtigen europäischen Missionen gegeben, dass Spindelegger Mottaki überhaupt empfängt. Spindelegger berichtete von seinem Telefonat mit US-Außenministerin Hillary Clinton, in dem aber von Kritik keine Rede gewesen sei. Offenbar bat Clinton Spindelegger, sich für die Freilassung dreier amerikanischer Rucksacktouristen einzusetzen, die im August 2009 an der iranisch-irakischen Grenze verhaftet wurden und nun im Iran vor Gericht gestellt werden. Was Spindelegger im Gespräch mit Mottaki auch tat: Der meinte freilich nur, er hoffe, dass die Gerichte schnell entscheiden werden.

Gegen Ende der Pressekonferenz kam es zum kleinen Eklat: Ein Journalist des israelischen Fernsehsenders Arutz Shtaim (Kanal 2) fragte Mottaki: „Sie haben ja immer den Holocaust geleugnet. Haben sie in Wien neue Einsichten bekommen?“ Mottakis Antwort: „Nächste Frage.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2010)

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