Dynastien: Die Thronfolger der Despoten Zentralasiens

Präsidentensohn Maxim Bakijew.
Präsidentensohn Maxim Bakijew.(c) AP
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Die Kinder der heutigen Präsidenten sollen einmal das wichtigste Amt im Staat übernehmen. Schon jetzt werden sie mit Prestigeposten belohnt. In Kirgisistan etwa hat es hingegen nicht geklappt mit der Amtsübergabe.

Es waren gut geplante Vorbereitungen für eine spätere Amtsnachfolge: Präsidentensohn Maxim Bakijew wurde im November 2009 Chef der neu geschaffenen kirgisischen Investitionsagentur. Er war 32 Jahre jung und ohne politische Erfahrung. Fünf Monate später, als es in den ersten Apriltagen zum Putsch gegen den Präsidenten kam, mussten Maxim und sein Vater Kurmanbek ihre Sachen packen und aus Kirgisistan fliehen. Mittlerweile werden sie polizeilich gesucht. Maxim ist in Lettland untergetaucht, sein Vater sitzt nebenan in Weißrussland fest.

In Kirgisistan hat es also nicht geklappt mit der Amtsübergabe. Der Vorfall illustriert die Herausforderung, vor der die autoritär regierenden Präsidenten Zentralasiens stehen. Die alternden Staatschefs Usbekistans, Kasachstans und Tadschikistans sitzen schon seit knapp 20 Jahren fest im Sattel. Es wird Zeit, sich um Nachfolger zu kümmern. Bei deren Wahl folgt man einem beliebten Prinzip des Regierens: Nepotismus, also Vetternwirtschaft. Familienangehörige, Verwandte oder Angeheiratete werden mit Posten versorgt. Ihrer Loyalität kann man sich sicher sein

Turkmenistans 2006 verstorbener „Turkmenbaschi“ Saparmurat Njasow machte vor, was eine glatte Amtsübergabe ist. Kurz nach seinem Tod wurde sein Leibzahnarzt, Gurbanguli Berdimuhammedow, als neuer Präsident inthronisiert. Es wird gemunkelt, Berdimuhammedow sei Njasows unehelicher Sohn. Wenngleich eher unwahrscheinlich – der Turkmenbaschi war zu Berdimuhammedows Geburt erst zarte 17 –, wäre damit ein Erbprinzip befolgt: Die direkte Nachfolge soll den Kindern vorbehalten sein.

Professorin, Designerin, Sängerin

In Usbekistan wird Präsident Islam Karimows Tochter, Gulnara Karimowa, als nächste Staatschefin gehandelt. Mit ihren 37 Jahren ist sie bereits hoch dekoriert: Karimowa darf sich Professorin an der Taschkenter Universität für Weltwirtschaft nennen, ist außerordentliche Botschafterin in Spanien und Vertreterin Usbekistans bei den Vereinten Nationen in Genf. Außerdem betreibt sie ein Modelabel namens „Guli“, ist Popsängerin und Dichterin.

In Usbekistan ist Karimowa ein Star – eine Kandidatin außer Konkurrenz, sollte es zu Wahlen kommen. Beobachter bezweifeln allerdings, dass die als exzentrisch geltende Karimowa tatsächlich ernsthafte politische Ambitionen hat.

Wie Karimowa, die in Harvard studierte, hat auch die Tochter des tadschikischen Präsidenten Emomali Rachmon, Ozoda, eine Eliteuniversität besucht, die Georgetown University in Washington. Vergangenes Jahr wurde sie – 30-jährig – zur Vizeaußenministerin berufen.

Im Rennen um die Nachfolge ist auch ihr Bruder Rustam, Rachmons ältester Sohn. Mit erst 22 Jahren ist er Vizechef der regierungstreuen Jugendorganisation „Jugendunion“, Teil des Parteipräsidiums von Rachmons Demokratischer Volkspartei, und hat einen Führungsposten in der Investitionsagentur inne. Ob nun Ozoda oder Rustam: Ihnen bleibt noch etwas Zeit. 2013 wird in Tadschikistan das nächste Mal der Präsident gewählt, und Vater Rachmon kann (mindestens) noch einmal kandidieren.

Nicht so glatt ist die Politkarriere von Dariga Nasarbajewa verlaufen, Tochter von Kasachstans Staatschef Nursultan Nasarbajew (69). Vielleicht, weil sie sich den falschen Ehemann ausgesucht hat: Rachat Alijew, den früheren Botschafter Kasachstans in Österreich. Offenbar griff er zu gierig nach der Macht; Alijew wurde vom Präsidenten verstoßen und seine Ehe mit Nasarbajewa 2007 geschieden.

Die 46-jährige erfolgreiche Unternehmerin, die stets als klare Favoritin für die Nachfolge galt, tritt seit dem Vorfall kaum mehr bei Terminen auf. Ihre politische Spielwiese, die Partei Asar, wurde schon 2006 kurzerhand wieder eingestampft und mit der Präsidentenpartei Nur Otan zwangsvereinigt.

Auch wenn laut Verfassung der Senatspräsident Nasarbajews Amtsnachfolger ist, tauchen in der Debatte immer wieder zwei weitere Namen auf: Kazatomprom-Chef und Nasarbajews zweiter Schwiegersohn Timur Kulibajew sowie der Bürgermeister der kasachischen Hauptstadt Astana, Imangali Tasmagambetow.

Kein zweites Kirgisistan

Zentralasiens Autokraten bemühen sich, die Erbfolge minutiös vorzubereiten. Doch ihre scheinbar unerschütterliche Regentschaft ist trotz der Clanwirtschaft und strenger Kontrolle von Opposition und Medien verwundbar. Das hat zuletzt der Sturz von Präsident Bakijew in Kirgisistan gezeigt, der freilich liberalsten der fünf Republiken. Es verwundert nicht, dass die Reaktionen aus Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan – Kasachstan gab sich im OSZE-Vorsitzjahr diplomatisch und verhalf Bakijew zur Flucht – verhalten bis feindselig waren. Nichts fürchten die mächtigen Regenten mehr als Destabilisierung. Und eine gescheiterte Amtsübergabe beim Nachbarn verheißt nichts Gutes.

NACHFOLGER GESUCHT

Die Präsidenten Kasachstans, Tadschikistans und Usbekistans sind knapp zwei Jahrzehnte an der Macht. Sie müssen ihre Nachfolge vorbereiten. Auch in Kirgisistan wollte Expräsident Bakijew Sohn Maxim zum Thronfolger aufbauen– die Revolte Anfang April durchkreuzte seine Pläne. 2007 fand in Turkmenistan die kontrollierte Amtsübergabe an einen Vertrauten des verstorbenen Präsidenten statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2010)

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