Bei Unruhen in Osch, der Hochburg von Ex-Präsident Bakijew, wurden mindestens 49 Menschen getötet, 650 verletzt. Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa bittet Russland, Truppen zu schicken.
Die kirgisische Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa hat Russland wegen der schweren Unruhen im Süden des Landes um militärische Unterstützung gebeten. Die Lage sei "außer Kontrolle" geraten. Ohne Hilfe von außen könne die Übergangsregierung die Gewalt nicht unter Kontrolle bringen, sagte Otunbajewa am Samstag in Bischkek. Sie habe den russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew in einem Brief gebeten, Truppen in die Stadt Osch zu entsenden.
Bei den schweren Unruhen wurden nach Regierungsangaben mindestens 49 getötet und mehr als 650 verletzt. Die Kämpfe zwischen ethnischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischstämmigen Minderheit dauerten am Samstag weiter an. Die Ausschreitung in der zweitgrößten Stadt Osch im Süden des Landes sind die schwersten seit dem politischen Umsturz im Kirgisistan im April.
Häuser in Flammen
Mehrere Häuser in Wohnvierteln der usbekischstämmigen Minderheit standen Samstag früh noch immer in Flammen, und in den Straßen waren Schüsse zu hören. Nach Angaben der Polizei und nach Berichten von Bewohnern trafen mit Eisenstangen und automatischen Waffen bewaffnete junge Kirgisen aus anderen Teilen des Landes in Osch ein, wo die Behörden am Freitag den Ausnahmezustand verhängt hatten.
Was die Unruhen auslöste, war zunächst unklar. Die Gewalt griff am Freitag auch auf die Hauptstadt Bischkek über: Auf einem beliebten Markt wurden Angehörige der usbekischstämmigen Minderheit von wütenden Kirgisen angegriffen und ausgeraubt. Im Süden von Kirgisistan kommt es immer wieder zu Gewalt zwischen Kirgisen und Usbeken.
Abstimmung über Verfassung
Otunbajewa machte Konflikte zwischen einzelnen Interessengruppen für die Eskalation verantwortlich. Es handle sich vermutlich auch um einen gewaltsamen Versuch, die für den 27. Juni geplante Volksabstimmung über eine neue Verfassung zum Scheitern zu bringen.
Beobachter bezeichneten den neuen Ausbruch von Gewalt als Provokation, um die instabile Lage in Kirgistan weiter zu verschärfen. Auch die Regierung von Otunbajewa gilt als gespalten. In Osch gibt es besonders viele Anhänger des gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew, der Asyl in Weißrussland gefunden hat.
Geplante Wahlen abgesagt
Die Lage in dem zentralasiatischen Staat ist seit dem Sturz von Bakijew Anfang April gespannt, bei Unruhen kamen damals 85 Menschen ums Leben. Seit dem Umsturz gibt es immer wieder Zusammenstöße zwischen Usbeken und Kirgisen. Otunbajewa will nun neue Präsidentin des Landes werden, die zunächst für den Herbst geplanten Wahlen wurden jedoch nach gewaltsamen Demonstrationen im Mai wieder abgesagt.
Das Wiener Außenministerium riet am Freitag von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Kirgistan, "speziell in den Süden des Landes", bis auf weiteres ab. "Die Sicherheitslage in Kirgisistan ist derzeit ruhig, muss allerdings weiterhin als instabil bezeichnet werden", heißt es auf der Homepage des Ministeriums mit Verweis auf die Lage in Osch.
(Ag.)