Ausbeutung: Wenn Friedenssoldaten Freier werden

UN-Personal soll im Sudan Kinder zum Sex gezwungen haben. Es ist nicht das erste Mal, dass internationalen Soldaten Missbrauch vorgeworfen wird.

Der Mann im UN-Fahrzeug fragte mich, ob ich zu ihm in den Wagen steige. Wir fuhren ein Stück. Dann vergewaltigte er mich." Die Geschichte des 14-jährigen Jonas ist nur eine von vielen, die die britische Zeitung "Daily Telegraph" zusammengetragen hat. Sie alle handeln von sudanesischen Kindern, die angeben, von UN-Personal missbraucht worden zu sein. Bei den Vereinten Nationen in New York ist man alarmiert. Eine UN-Sprecherin kündigte am Donnerstag eine Untersuchung an und versprach, "harte Disziplinarmaßnahmen" zu ergreifen.

Die Missbrauchsvorwürfe kommen zu einem heiklen Zeitpunkt: Die UNO setzt derzeit alles daran, eine Friedenstruppe in die westsudanesische Krisenregion Darfur zu entsenden. Sudans Regierung sträubt sich jedoch dagegen. Im Süden Sudans ist eine UN-Mission bereits im Einsatz - und ausgerechnet Angehörige dieser Truppe sollen sich an Kindern vergangen haben.

Es ist nicht das erste Mal, dass die UNO und andere internationale Organisationen mit derartigen Vorwürfen konfrontiert werden. Immer wieder wurde von Friedenssoldaten berichtet, die als Freier oder sogar Kinderschänder ihr Unwesen treiben, ob in Afrika, Haiti oder auf dem Balkan.

Für besonderes Aufsehen sorgte Anfang 2005 ein Missbrauchskandal im Kongo. Die UNO musste damals bestätigen, dass ihre Soldaten in mindestens 19 Fällen Mädchen unter 18 Jahren sexuell ausgebeutet hatten. Eine 13-Jährige wurde mit einem Hühnerei für ihre sexuellen Dienste "bezahlt". Bis August 2006 wurden wegen der Missbrauchsvorwürfe mehr als 100 Soldaten und 11 Polizisten zwangsweise in ihre Heimatländer zurückgeschickt.

"Natürlich ist sexuelle Ausbeutung durch UN-Soldaten strengstens verboten. Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass solche Dinge leider immer wieder vorkommen", berichtet der österreichische UN-Veteran General Günther Greindl der "Presse". Greindl war 1993 von der UNO beauftragt worden, Berichte über schwere Verfehlungen von Blauhelmen in Bosnien nachzuprüfen. "Damals ging es nicht um Kinderschändung, sondern um Prostitution", so der General.

Sogar der Chef der UN-Truppe, der kanadische General Lewis MacKenzie, stand damals im Zentrum der Ermittlungen. Ihm war vorgeworfen worden, in einem serbischen Gefangenenlager bosniakische Frauen missbraucht zu haben. "Das erwies sich nicht als stichhaltig", meint dazu Greindl. Er vermutet, Mac Kenzie sei wegen seiner zahlreichen proserbischen Äußerungen Opfer bosniakischer Propaganda geworden. Auch sonst sei keinem der Blauhelme konkret etwas nachzuweisen gewesen, so Greindl. "Eine Schwierigkeit bestand jedoch darin, Zeugen aufzutreiben."

NGOs weisen indes schon seit Jahren darauf hin, dass mit der Anwesenheit internationaler Missionen auch das Geschäft mit dem Sex blüht. Meist nach dem selben Muster: Der reiche Ausländer nutzt die Notsituation von Frauen und Kindern, die in Krisengebieten ums Überleben kämpfen, schamlos aus.

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