Peres wünscht sich Faymann in Kreiskys Fußstapfen

Peres saehe Faymann gern
Peres saehe Faymann gern(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Österreichs Bundeskanzler zeigte beim Israel-Besuch viel Verständnis für Israelis und Palästinenser. Manchmal wirkte er auch etwas naiv. Und er betonte die geschichtspolitische Legitimation seiner Anti-FPÖ-Strategie.

Endlich wieder einmal ein junger Sozialist“, strahlte Schimon Peres den Gast aus Wien an. Und er erinnerte an die internationale Wirkkraft eines jungen Sozialisten in der Person des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers Bruno Kreisky: So, wie es Kreisky nicht ganz, aber ausreichend gelungen sei, aus dem Terroristen Arafat einen Sozialisten und Demokraten zu machen, so wäre es auch heute nötig, dass jemand die militanten Hamas-Leute in Gaza „umdrehe“.

Leider konnte Werner Faymann, der heutige österreichische Bundeskanzler, in seiner Antwort diese Steilvorlage nicht verwerten, war zu sehr auf den Vortrag seiner vorbereiteten Ansprache konzentriert. Dennoch war Faymann mit seinem Israel-Besuch zufrieden.

Er tat das, was er sich vorgenommen hatte: bei allen Gesprächen an beiden Tagen auf beiden Seiten dasselbe zu sagen. Nämlich das, was er seinen Gesprächspartnern als „europäische Position“ vorstellte: dass man für ein Ende der israelischen Gaza-Blockade eintrete, zugleich aber die Sicherheitsinteressen der Israelis respektiere; dass man der Überzeugung sei, dass eine Verbesserung der sozialen Lage in Gaza der dort herrschenden radikalislamischen Hamas den Nährboden entziehe. Und dass es in absehbarer Zeit direkte Friedensgespräche geben solle. Alles, was man von europäischer Seite dazu beitragen könne, werde man tun.

Konkret bedeutet das vor allem zweierlei: Den Palästinensern versprach Faymann, dass die österreichischen Beiträge zur finanziellen Hilfe für die palästinensische Autonomiebehörde sich trotz Wirtschaftskrise (und erheblicher Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit) nicht ändern werden. Den Israelis sagte er eine österreichische Beteiligung an jener EU-Mission zu, die dafür sorgen soll, dass aus der gegenwärtigen Gaza-Blockade Schritt für Schritt ein normaler Grenzverkehr wird.

Faymann sagte, er habe den Eindruck, dass es Israels Premierminister Benjamin Netanjahu ernst mit der Beendigung der Gaza-Blockade sei; er befürworte auch die möglichst rasche Aufnahme von direkten Verhandlungen zur Erzielung eines Friedensvertrags auf der Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung.

Zwei Einladungen nach Wien

Das und auch Faymanns wiederholt geäußerte Überzeugung, dass bei einer Verbesserung der Versorgungssituation in Gaza die Hamas an Zustimmung verlieren würde, hinterließ bei manchen Beobachtern den Eindruck einer gewissen Naivität.

Doch sie ist die Grundlage jener Äquidistanzposition, die Österreich und der EU eine Vermittlerrolle ermöglicht: Wenn Israels Staatspräsident Peres erklärt, man könne morgen Frieden schließen, wenn EU und USA die Hamas dazu bringen würden, ihre extrem feindliche Politik aufzugeben, und wenn Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas erklärt, dass die Gaza-Blockade und die Siedlungspolitik Israels die Haupthürden für einen Frieden seien, dann ist Österreichs Kanzler mit seiner Position auf der sicheren Seite – er hat für beide Verständnis und lädt beide Seiten ein. Sowohl Netanjahu als auch Palästinenser-Premier Salam Fayyad haben die Einladung angenommen.

Dass sich der Gazastreifen unter Herrschaft der Hamas zu einer eigenständigen politischen Einheit verfestigt, ist sichtlich eine der Hauptsorgen von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, mit dem Faymann auch zusammentraf. Und auch Abbas erinnerte dabei voll Wärme und Bewunderung an Bruno Kreisky.

Zum Abschluss seiner Reise konnte sich Faymann auch für sein innenpolitisches Hauptanliegen starkmachen: die geschichtspolitische Legitimation seiner Anti-FPÖ-Strategie auf Bundes- und vor allem auf Wiener Landesebene vor den entscheidenden Gemeinderatswahlen im Herbst. Faymann erklärte vor Vertretern der Holocaust-Überlebenden, dass Franz Vranitzkys Einbekenntnis der kollektiven Verantwortung Österreichs und seine Bitte um Vergebung „genau die Position“ seien, „die jeder österreichische Regierungschef einnehmen muss“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2010)

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