Ruanda vor Wahlen: 'Regime gleitet in totale Diktatur ab'

Präsident Paul Kagamé
Präsident Paul Kagamé(c) Reuters (Finbarr O'Reilly)
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Kurz vor der Präsidentschaftswahl am Montag in Ruanda wurden die Stimmen von Kritikern immer lauter. Sie befürchten, dass das ostafrikanische Land in eine Diktatur abrutschen könnte.

Favorit bei den Präsidentschaftswahlen am Montag in Ruanda ist der Amtsinhaber Paul Kagamé. Der 52-Jährige hat nach Ende des Völkermordes 1994 den ostafrikanischen Kleinstaat wieder aufgebaut und dazu beigetragen, dass die Wirtschaft des Landes heute dynamisch ist, Gesundheits- und Schulwesen geordnet sind und der ostafrikanische Kleinstaat den Kosenamen „Afrikas Schweiz" trägt. So scheint es naheliegend zu sein, dass Kagamé durch seine erfolgreiche Arbeit der vergangenen Jahre einen deutlichen Vorsprung zu seinen Gegenkandidaten bei den Wahlen hat.

Doch Kagamé scheint lieber sicher gehen zu wollen, dass er auch tatsächlich die Wahlen gewinnen wird: Menschenrechtsorganisationen und Experten werfen der ruandischen Regierung und ihren Sicherheitsbehörden die Verfolgung und Einschüchterung von Oppositionellen vor. Die Menschenrechts-Organisation 'Amnesty International' sprach in den Tagen vor der Wahl von einem "Klima der Angst".

Seit Jahresbeginn ist die Arbeit der drei wichtigsten Oppositionsparteien „durch Verbote, Verhaftungen und eine juristische Klagewelle faktisch blockiert" worden. Das sagte Ilona Auer-Frege, Koordinatorin des 'Ökumenischen Netz Zentralafrikas' (ÖNZ), bei einem Interview. „Ruanda ist auf dem Weg, sich von einer Demokratie zu einer Diktatur zu wandeln", betonte die ÖNZ-Koordinatorin weiters.

Ermordeter Oppositionspolitiker und Botschafter im Exil

Vor einigen Wochen wurde Oppositionspolitiker André Kagwa Rwisereka, der stellvertretende Vorsitzende der Grünen Partei, unter mysteriösen Umständen ermordet. Die ruandische Polizei spricht von Raubmord. Doch Menschenrechtsorganisationen wie 'Human Rights Watch' (HRW) fordern eine unabhängige Untersuchung des Falls.

Ein anderes Beispiel der Verfolgung von Oppositionellen ist General Kayumba Nyamwasa, der zuletzt ruandischer Botschafter in Indien war. Seit einigen Monaten lebt er nun im Exil in Südafrika. „Das Regime in Kigali gleitet in eine totale Diktatur ab", warnte er in einem Interview. „Wer eine andere Meinung hat, ist der Feind. So ist es mir ergangen."

Die Medien im Visier

Auch die Medien stehen im Visier der ruandischen Regierung. Mehreren Zeitungen wurde schon vor Monaten die Lizenz entzogen, weil sie "beleidigend" über die Regierung berichtet haben sollen. Andere Medien hat man daran gehindert, frei über den Wahlkampf zu berichten. Ein Journalist wurde angeblich ermordet und mehrere kritische Journalisten verhaftet.

Ruanda, das afrikanische Musterland?

Heute gilt Ruanda als afrikanisches 'Musterland'. Nur 16 Jahre nach dem Völkermord an der Tutsi-Minderheit ist die Wirtschaft Ruandas eine der stabilsten auf dem Kontinent. Investoren schätzen Pünktlichkeit, Disziplin und Zuverlässigkeit in dem Land. Im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten sind in Ruanda Korruption und Kriminalität ein geringes Problem. Das 'Land der tausend Hügel' ist nach einer der größten Tragödien des Kontinents, bei dem im Jahr 1994 etwa 800.000 Menschen ermordet worden waren, auf Erfolgskurs. Die alten ethnischen Gegensätze zwischen Hutu und Tutsi wurden durch Sprüche wie "Wir alle sind Ruandesen" verbannt, eine Leugnung des Völkermordes von 1994 ist strafbar.

Diesen guten Ruf hat sich der ostafrikanische Staat in den letzten 16 Jahren hart erarbeitet. Wenn die Regierungspartei 'Ruandische Patriotische Front' (RPF) von Präsident Kagamé nun mit allen Mitteln versucht, ihre Gegner von den Wahlen auszuschließen, dann könnte sie das Ansehen wieder verlieren.

(APA/AFP/dpa)

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