Serbien: Minister befahl Morde in Kosovo-Gefängnis

Ex-Justizminister Janković soll 1999 serbische Verbrecher auf Kosovo-Albaner gehetzt haben. Den Ermittlungen zufolge wurden im Mai 1999 mehr als 90 albanische Häftlinge mit Pistolen und Gewehren getötet.

[BELGRAD]„Es gab kein Massaker im Gefängnis bei Istok. Die albanischen Häftlinge starben bei Nato-Luftangriffen.“ So hatte damals, 1999, die Erklärung der serbischen Behörden gelautet. Heute, elf Jahre später, ist das Regime von Machthaber Slobodan Milošević längst Geschichte. Und auch Serbiens Behörden denken mittlerweile anders über die blutigen Geschehnisse in dem Gefängnis nahe der Stadt im Westkosovo.

Die serbische Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen habe nun Indizien, dass der damalige serbische Justizminister Dragoljub Janković das Massaker angeordnet habe, berichtete die Belgrader Tageszeitung „Danas“ am Freitag. Die Staatsanwaltschaft sei auf eine Anordnung von Janković gestoßen, wonach zu schwersten Haftstrafen verurteilte Serben in das Gefängnis Dubrava bei Istok verlegt werden sollten, um dort mit kosovo-albanischen Gefangenen abzurechnen.

Hafturlaub für Massaker

Den Ermittlungen zufolge wurden im Mai 1999 mehr als 90 albanische Häftlinge mit Pistolen und Gewehren getötet. Die Gefangenen seien sogar mit Granatwerfern angegriffen worden. Mehr als 90 serbische Gefangene hätten nach der Tat bis zu 20 Tage Hafturlaub erhalten, von dem sie aber nie mehr zurückgekehrt seien, berichtet „Danas“.

Der damalige Justizminister Janković soll laut der Zeitung im Einvernehmen mit dem damaligen Vizepremier Nikola Šainović gehandelt haben. Šainović wurde vergangenes Jahr vom UN-Tribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt. APA/red.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2010)

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