Nach Wahldebakel: Obamas Prestige-Projekte wackeln

U.S. President Barack Obama and Vice President Joseph Biden attend a DNC Moving America Forward Rally
U.S. President Barack Obama and Vice President Joseph Biden attend a DNC Moving America Forward Rally(c) REUTERS (Larry Downing)
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Klimagesetz, "green jobs", Steuerpaket: Durch den Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus stehen auf einen Schlag zentrale Reformvorhaben der US-Regierung auf der Kippe.

Nach dem Debakel bei der Kongresswahl für die Demokraten ist nicht nur das Image von US-Präsident Barack Obama schwer angekratzt. Durch den Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus wackeln auch wichtige Reformvorhaben der Regierung, Prestige-Projekte des Präsidenten stehen plötzlich auf der Kippe. Auch bereits verabschiedete Reformpakete könnten noch von Änderungen betroffen sein.

Grund ist das politische "Checks and Balances"-System der USA, dass dem Repräsentantenhaus ein Veto gegen Gesetzesvorhaben des Präsidenten einräumt. Auch Obama kann Projekte blockieren. Zudem werden sich das mit republikanischer Mehrheit geführte Repräsentantenhaus und der Senat gegenseitig das Leben schwer machen. Gemeinsam bilden sie den US-Kongress.

Die Patt-Stellung nach den US-Kongresswahlen könnte also für eine politische Lähmung sorgen. Doch welche Projekte könnten in Gefahr sein? Eine Übersicht:

  • Im Kampf gegen das immense Defizit bevorzugen die Republikaner Kürzungen bei den Staatsausgaben statt Steuererhöhungen. Ein zu radikaler Sparkurs dürfte an den Demokraten im Senat scheitern, Steuererhöhungen an den Republikanern.
  • Einem umfassenden, bundesweit einheitlichem Klimagesetz werden keine Chancen mehr eingeräumt: Einige Abgeordnete wie der Demokrat Rick Boucher aus dem Kohle-Staat Virginia verloren ihre Sitze zum Teil wegen ihres Eintretens für neue Klima-Maßnahmen. Entsprechende Vorschriften könnten aber weiter von den einzelnen Bundesstaaten erlassen werden.
  • Mit demKlimaschutz verbunden ist die Energiepolitik. Die Sparpläne der Republikaner dürften dabei auch die Förderung von neuen Energieträgern wie Wind und Sonne sowie die dadurch bedingte Schaffung neuer "green jobs" durch Bundesmittel betreffen. 
APA
  • Die Republikaner werden die im Juli umgesetzte Reform des Finanzwesens, die eine erneute Wirtschaftskrise durch schärfere Kontrollmechanismen verhindern soll, zumindest etwas zurücknehmen. Eine völlige Aufhebung ist kaum möglich: Selbst wenn ein solches Gesetz den weiterhin mit demokratischer Mehrheit geführten Senat passieren sollte, könnte Obama sein Veto einlegen.
  • Ähnlich wie bei der Finanzmarktreform haben die Republikaner nicht die politischen Mittel, um die umstrittene Reform des Gesundheitswesens ganz zu kippen. Allerdings könnten sie die benötigten Gelder blockieren. Die größten Gefahren für das Projekt sind allerdings die anhaltende Ablehnung in weiten Teilen der Bevölkerung sowie Anfechtungen vor Gericht.

Obama will nun versuchen, Kompromisse mit den Republikanern zu schließen. Er gratulierte noch in der Nacht auf Mittwoch dem designierten republikanischen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, John Boehner, telefonisch zum Gewinn der Mehrheit.

Nach Angaben des Weißen Hauses äußerte der Präsident dabei die Hoffnung, mit den Republikanern "Gemeinsamkeiten zu finden, um das Land vorwärtszubringen und die Dinge für das amerikanische Volk zu erledigen". Auch Außenministerin Hillary Clinton forderte eine Zusammenarbeit mit den Republikanern "zum Wohle der USA".

"Ändern Sie ihren Kurs"

"Das amerikanische Volk hat dem Präsidenten eine Botschaft gesandt: Ändern Sie Ihren Kurs!", erklärte der designierte republikanische Präsident des Abgeordnetenhauses, John Boehner. Eine Kehrtwende in der Politik der Demokraten sei dann auch Bedingung für eine Zusammenarbeit.

Politische Beobachter sehen in der neuen Konstellation aber auch eine Chance für Obama: Wenn es ihm gelingt, die Streitereien zwischen Senat und Repräsentantenhaus austragen zu lassen und für seine Reformvorhaben den Rückhalt der Bevölkerung zu gewinnen, könnte er wie einst Bill Clinton sogar Kapital aus der Niederlage bei den Kongresswahlen schlagen.

(APA/Red.)

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