Nach dem blutigen Bombenanschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo zieht der Kreml erste personelle Konsequenzen. Tschetschenische Rebellen seien indes nicht für das Attentat verantwortlich, so Premier Putin.
Wien/Moskau/Ag/Som. Zunächst kamen die Schuldzuweisungen, dann die Entlassungen. Nach dem blutigen Bombenanschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo zieht der Kreml erste personelle Konsequenzen. Der Polizeichef des Flughafens und zwei seiner Stellvertreter wurden entlassen, ebenso wie der für die Transportsicherheit im Föderationsbezirk Mitte zuständige Verwaltungschef des Innenministeriums, Andrej Alexejew. „Wenn man nicht versteht, wie man arbeiten muss, werden wir andere finden“, sagte der russische Präsident Dmitrij Medwedjew. „Die Kontrolle muss täglich sein, sie muss aufdringlich sein – ansonsten werden wir die gestellten Ziele nicht erreichen.“ Es werde weitere Entlassungen geben.
„Keine tschetschenische Spur“
Nach den Worten von Ministerpräsident Wladimir Putin gehe der Bombenanschlag nicht auf das Konto tschetschenischer Rebellen. Verbindungen in die Republik im Süden Russlands seien unwahrscheinlich, sagte Putin am Mittwoch in Moskau, ohne eine Begründung abzugeben. Die Einschätzung dürfte Spekulationen nähren, nach denen die Angreifer aus anderer Republiken im Nordkaukasus kommen sollen, etwa Inguschetien oder Dagestan. Bislang hat sich niemand zu dem Anschlag mit mindestens 35 Toten und mehr als 100 Verletzten bekannt.
Unterdessen kursierte am Mittwoch eine Reihe von Gerüchten bezüglich der Herkunft des Attentäters. Entgegen früherer Theorien über zwei Terroristen – einen Mann und eine Frau – verfolgten russische Medien nun die Ein-Täter-Theorie. Die Internetausgabe „Lifenews“ veröffentlichte gar eine Fotografie des Kopfes des mutmaßlichen Attentäters. Dieser sei zwischen 35 und 40 Jahren alt und kaukasischer Herkunft; andere Medien wollten ein „arabisches Aussehen“ festgestellt haben.
Attentat zu Silvester geplant
Das Attentat sei bereits seit November 2010 vorbereitet worden, schrieb die Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“ am Mittwoch. Dem jüngsten Selbstmordanschlag sei ein durch Zufall gescheiterter Terrorangriff auf dem Manege-Platz im Zentrum Moskaus vorausgegangen.
Ursprünglich hätten die aus dem Nordkaukasus stammenden Terroristen demnach einen Anschlag in der Silvesternacht auf dem nahe dem Kreml liegenden Manege-Platz geplant. Damals kam es zu einer Explosion in einem Park im Südosten Moskaus. Dabei soll nur die mutmaßliche Attentäterin ums Leben gekommen sein. Danach habe man mit der Vorbereitung auf die Explosion auf dem Flughafen Domodedowo begonnen, hieß es weiter.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2011)