Berlusconi: "Justiz wendet Stasi-Methoden an"

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Berlusconi: "Justiz wendet Stasi-Methoden an"Italienischer Regierungschef Silvio Berlusconi (c) AP (Luca Bruno)
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Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi vergleicht das politische Klima in seinem Land gegen ihn mit der Staatsspitzelei in der DDR. Indes findet für Berlusconi vor dem Mailänder Justizpalast ein Sit-in statt.

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat den Justizbehörden in Italien vorgeworfen, gegen ihn mit Stasi-Methoden vorzugehen. "Es ist offenkundig, dass die Staatsanwälte, die Zeitungen und die Fernsehsendungen der Anti-Berlusconi-Lobby zusammenarbeiten. Sie bewegen sich im Einklang, um eine Farce in einen internationalen Skandal umzuwandeln", protestierte Berlusconi in einem am Freitag erschienenen Interview mit der Tageszeitung "Il Fatto". Er verglich das politische Klima in Italien mit der Staatsspitzelei in der DDR.

Premier als "Sünder"

Berlusconi gab zu, dass er wie jeder andere Mensch manchmal auch ein "Sünder" sei, seine Gegner wollten jedoch eine "autoritäre Demokratie" aufbauen. "Das ist genau das Gegenteil eines Systems, das auf Freiheit, Toleranz und wahrer öffentlicher und privater Ethik basiert", kommentierte Berlusconi.

"Als Privatbürger hätte ich keine Probleme, mich gegen derart lächerliche Vorwürfe zu verteidigen. Ich beharre auf meinem Platz, weil wie immer in meiner Geschichte wird mein Privatleben angegriffen, um mein Amt zu attackieren", sagte Berlusconi.

Richter wehren sich gegen Berlusconi

Die Beziehungen zwischen Berlusconi und der Justiz bleiben äußerst gespannt. Der Präsident des Verfassungsgerichts, Ugo De Siervo, rief Berlusconi auf, moderatere Töne anzuschlagen und die Richter zu respektieren. "Wir sind keine Bolschewiken, in unserer Berufsgruppe herrscht Meinungsfreiheit", betonte De Siervo. Er warf Berlusconi vor "auf übertriebene und neurotische Weise" die Richter zu beschuldigen, Komplotte gegen ihn zu schmieden, um ihn aus dem Amt zu drängen.

Kritik musste Berlusconi auch vom Präsidenten des Obersten Richterrats (CSM), Michele Vietti, hinnehmen. "Die Richter verfolgen keine umstürzlerischen Ziele, wie der Premierminister behauptet, sondern bemühen sich, dass die Gesetze respektiert werden", betonte Vietti.

"Silvio, halte durch!"

Rund hundert Personen haben am Freitag in Mailand an einer Solidaritätskundgebung für den italienischen Premierminister Silvio Berlusconi teilgenommen, gegen den die Mailänder Staatsanwälte einen Prozess wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit einer minderjährigen Prostituierten beantragt haben. "Silvio, halte durch!" lautete der Slogan der Demonstranten, die sich vor dem Mailänder Justizpalast versammelten.

Die Berlusconi-Anhänger protestierten gegen "Justizermittlungen als politische Waffe", mit der die Richter und Staatsanwälte ihrer Ansicht nach den Premierminister stürzen wollen. "Hundert Verfahren und keine einzige Verurteilung: Es ist logisch, dass gegen Berlusconi eine Verfolgungskampagne im Gange ist, um ihn aus dem Amt zu drängen", kommentierte ein Aktivist von Berlusconis Mitte-Rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta).

An der Kundgebung beteiligter sich auch Staatssekretärin Daniela Santanche. "Auch dieses neue Verfahren gegen Berlusconi wird zu keinerlei Ergebnissen führen. Die einzigen Opfer diesel Ermittlungen sind die Italiener und Italien, deren Ansehen im Ausland durch die Justizermittlungen schwer angekratzt worden ist", kommentierte Santanche.

Frauendemo gegen Berlusconi

Am Sonntag gehen indes italienische Frauenverbände auf die Straße, um gegen das von der Politik und den Medien vermittelte Bild der Frauen in ihrem Land demonstrieren. Sie wollen somit auf die Affären Berlusconis reagieren. Demonstrationen sind am Sonntag in allen Großstädten geplant, in London, New York und Tokio wird es zu Sit-Ins kommen. Die größten Veranstaltungen sind in Rom und in Mailand vorgesehen. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", lautet der Slogan der Demonstrantinnen.

(APA)

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