Welchen Fahrplan hat der neue Militärrat für die Demokratisierung?

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Zahlreiche Artikel der Verfassung dienten allein dazu, den Herrschaftsanspruch des Mubarak-Regimes abzusichern. Hosni Mubarak hatte gestern eine Reihe von Verfassungsartikeln genannt, die geändert werden sollen.

Wien/Hd. Mit der Übernahme der Macht durch einen Militärrat haben sich in Ägypten mit einem Schlag die Vorzeichen komplett geändert: Hatte das Regime bisher versucht, einen Reformprozess entlang der autoritären Verfassung zu steuern, wurde mit diesem Schritt die verfassungsmäßige Ordnung aufgehoben.

Was das für die von den Demonstranten so vehement geforderte Demokratisierung bedeutet, war zunächst unklar. In seiner Rede in der Nacht auf Donnerstag hatte Noch-Präsident Hosni Mubarak eine Reihe von Verfassungsartikeln genannt, die geändert werden sollen, darunter einige Punkte, die der Opposition sehr am Herzen lagen:


Artikel 76 regelt die Präsidentschaftswahl. Hier sind Hürden eingebaut, die für unabhängige Kandidaten nicht zu überspringen sind: Wer antreten will, braucht die Unterschrift von 250 Mandataren, darunter mindestens 65 aus dem Parlament, wo die Regimepartei eine erdrückende Mehrheit hat. Kandidieren kann nur, wer in der Führung einer seit fünf Jahren aktiven – und legalen – Partei ist. Dies schließt Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei aus.


Artikel 77 legt die Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre fest – bisher mit der Möglichkeit unbegrenzter Wiederwahl (Mubarak ist gerade in seiner fünften Amtszeit).

• Mit der Änderung von Artikel 88 erleichterte sich das Regime 2007 den Wahlbetrug: Zuvor hatten Richter die Oberaufsicht über Wahlen, und sie hatten ihren Job bei der Parlamentswahl 2005 für den Geschmack des Regimes etwas zu ernst genommen.

Artikel 93 legt bisher fest, dass nur das Parlament selbst die bei der Wahl vergebenen Parlamentsmandate bestätigen kann.

Komplett gestrichen werden sollte laut Mubarak Artikel 179: Er ermöglicht, dass Zivilisten, die unter Terrorismus-Vorwürfen festgenommen wurden, vor ein Militärgericht gestellt werden können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2011)

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