Ägypten: Familienstreit bei den Mubaraks

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Der Ex-Präsident soll an Ohnmachtsanfällen und Depressionen leiden. Ehefrau Suzanne und Sohn Gamal drängten ihn bis zuletzt, die Macht nicht aufzugeben.

Kairo. Der Gesundheitszustand des ägyptischen Ex-Präsidenten Hosni Mubarak hat sich nach seinem vom Volk erzwungenen Sturz offenbar rapide verschlechtert. Wie die Zeitung „Al-Masry al-Youm“ berichtete, fiel der 82-Jährige in den vergangenen zwei Tagen mehrmals in Ohnmacht. Er leide zudem unter schweren Depressionen. 

Wortgefechte mit Frau und Sohn

Die Zeitung „Al-Masry al-Youm“ berichtete, es sei zwischen Mubarak, seiner Frau Suzanne und seinem Sohn Gamal in den vergangenen Tagen zu hitzigen Wortgefechten gekommen. Die Ehe der Mubaraks gilt seit Langem als zerrüttet. Der Ex-Machthaber hielt seiner Frau und seinem Sohn vor, seinen Sturz durch ihre falschen Ratschläge mitverursacht zu haben. „Du hast mich da reingeritten, du und deine Mutter“, soll der gestürzte Machthaber seinen Sohn angeherrscht haben. „Ihr habt meinen Platz in der Geschichte Ägyptens ruiniert.“

Nach Angaben aus Regimekreisen war Mubarak schon am Tag vor seinem Rücktritt zweimal in Ohnmacht gefallen. Deshalb habe sich am Donnerstag seine angekündigte dritte Rede an die Nation um mehr als zwei Stunden verzögert. Eigentlich hätte Mubarak bereits zu diesem Zeitpunkt den Rücktritt verkünden sollen, so war es offenbar mit der Militärführung abgestimmt. Sohn Gamal aber soll in den dramatischen Stunden zuvor die Ansprache seines Vaters mehrfach umgeschrieben haben. Am Ende beschwor er ihn, nicht zurückzutreten. Und so machte sein Vater beim spätabendlichen TV-Auftritt einen letzten verzweifelten Versuch, seinen Thron zu retten.

Am Tag darauf ließ die Armee die Demonstranten dann erstmals zum Präsidentenpalast in Heliopolis und zum Fernsehgebäude an der Nil-Corniche vordringen. Dadurch erhöhte sie den Druck auf die Präsidentenfamilie so stark, dass Mubarak schließlich am Freitag aufgab. Um 17 Uhr ließ er durch Vizepräsident Omar Suleiman seinen Rücktritt erklären. Zuvor hatte er sich mit seiner Familie nach Sharm el-Sheikh abgesetzt.

Solidaritätsdemo von Polizisten

Ägyptische Militärpolizisten marschierten am Montag auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos auf, um die letzten Demonstranten zum Heimgehen zu bewegen.Gleichzeitig protestierten aber überall im Lande

Kurz darauf zogen aber erneut hunderte Personen auf den Platz – viele von ihnen Polizisten in Zivil, die ihre Solidarität mit den Protestkundgebungen der vergangenen Tage ausdrücken wollten. Gleichzeitig protestierten aber überall im Lande Polizisten, Sicherheitskräfte und Behördenmitarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Sie sind ungeduldig und wollen die Gunst der Stunde nutzen.

Ägypten bittet EU um Einfrieren von Konten

Ägypten hat die Europäische Union gebeten, die europäischen Konten von Ex-Präsident Hosni Mubarak einzufrieren. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montagabend aus Brüsseler EU-Kreisen. Diplomaten sollten am Dienstag darüber beraten, hieß es. Auch das EU-Mitglied Großbritannien hatte zuvor eine solche Anfrage aus Ägypten erhalten. Die Schweiz fror Mubaraks Konten bereits ein.

Eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton kündigte am Montag in Brüssel "angemessene Maßnahmen" an, sollte die Frage im Dialog mit Ägypten aufkommen. Brüssel stehe in der Frage der Kontensperrung "in Kontakt mit den ägyptischen Behörden".

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2011)

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