Bekommt Schweden Atommüllendlager?

(c) AP (Fredrik Sandberg)
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Schwedens Nuklearindustrie will das weltweit erste Endlager für atomaren Abfall errichten. Nun liegt die Entscheidung bei der Strahlenschutzbehörde. In Schweden gibt es bisher 5000 Tonnen Kernabfall.

Kopenhagen/Stockholm. „Es gibt schlechtes Timing, es gibt sehr schlechtes Timing, und es gibt SKB“, so kommentiert Schwedens auflagenstärkste Zeitung, „Aftonbladet“, den Antrag, den die Atomindustrie am Mittwoch bei der Strahlenschutzbehörde einreichte. Just jetzt, da die Katastrophe in Japan der ganzen Welt die Unabwägbarkeiten der Atomkraft vor Augen führt, beantragt das zuständige schwedische Unternehmen SKB die Baugenehmigung für ein Endlager, in dem hoch radioaktiver Abfall für zumindest 100.000 Jahre sicher verwahrt werden soll. Es wäre die weltweit erste Erlaubnis für eine derartige Endlagerstätte.

Den Standort hat die Regierung schon vor zwei Jahren nahe dem AKW Forsmark in der Kommune Östhammar festgelegt, wo der Atommüll 500 Meter tief im Gestein vergraben werden soll. Auch Finnland hat in der Nähe des AKW Olkiluoto den Ort für die Endlagerung ausgedienter Brennstäbe schon gefunden. Dort rechnet man mit dem Ansuchen für die Baugenehmigung 2012 und der Fertigstellung 2020. In Schweden gibt es bisher 5000 Tonnen Kernabfall, der einstweilen in einem Meeresbecken beim AKW Oskarshamn zwischengelagert wird.

Forscher wollen mehr Tests

Schon vor dem Super-GAU von Fukushima hatten Wissenschaftler und Umweltorganisationen die Methode für die geplante Endlagerung kritisiert. Die Brennstäbe sollen in Kupfer eingekapselt und von Bentonit-Lehm umschlossen in Tunnel des unterirdischen Lagers versenkt werden. Dieses will man, wenn es nach 50 bis 70 Jahren gefüllt ist, versiegeln und unzugänglich machen. Laut SKB kann diese Verwahrung eine neue Eiszeit sicher überstehen. Doch Forscher von Stockholms Technischer Hochschule warnen, dass Kupfer auch in sauerstofffreiem Milieu rosten und Radioaktivität in nur 100 Jahren die Oberfläche erreichen könne. Umweltorganisationen fordern zumindest zehn Jahre mehr für Experimente und Untersuchungen, was die Atomindustrie für überflüssig hält.

Nun müssen die Strahlenschutzbehörde und das Umweltgericht den Antrag prüfen, ehe in Östhammar mit dem Bau begonnen werden kann. Die Endlagerung ist Aufgabe der Atomindustrie, doch ein neues Gesetz solle unterstreichen, dass die endgültige Verantwortung beim Staat liegt, empfiehlt eine Kommission – so als ob es in 100.000 Jahren noch Industrien und Staaten geben wird, meint dazu „Aftonbladet“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2011)

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