Syrien: Proteste gegen Regime weiten sich aus

(c) AP (Hussein Malla)
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Die syrische Polizei schoss scharf auf Demonstranten, fünf Menschen kamen ums Leben. Die Armee riegelte die Stadt Deraa hermetisch ab. Internet, Telefone und Strom waren unterbrochen. Das Regime ist alarmiert.

Kairo/Damaskus/M. g. „Wir fordern des Sturz des Regimes“, hatten die Kinder an Hauswände gesprüht – der Schlachtruf der arabischen Aufstände in Tunesien, Ägypten, Bahrain und Libyen. Die Reaktion der syrischen Staatssicherheit war wie gewohnt: In Handschellen wurden die 15 Schülerinnen und Schüler aus der Klasse abgeführt. Doch das brachte bei den Bewohnern der Stadt Deraa das Fass zum Überlaufen.

Seit vier Tagen wird auch Syrien von Protesten erfasst: Am Wochenende waren erneut mehr als 10.000 Menschen in der Grenzstadt zu Jordanien auf der Straße. Das Regime ließ scharf schießen, fünf Menschen starben. Seither dreht sich die Spirale von Schüssen und Toten, Trauerzügen, Demonstrationen und neuer Polizeigewalt. Erst brannten Autos, inzwischen sind auch der Sitz des Gouverneurs, der Justizpalast und die Zentrale der Baath-Partei nur noch rauchende Ruinen.

„Wir haben keine Angst mehr“

Am Montag gingen die Auseinandersetzungen weiter. „Nur Allah, Syrien und Freiheit“, skandierte die Menge nach der Beerdigung eines Opfers und „Wir haben keine Angst mehr“. Deraa gleiche einem Vulkan, berichtete ein Augenzeuge. Soldaten hatten alle Zufahrtsstraßen abgeriegelt, Internet, Telefone und Strom waren unterbrochen.

Um die Lage zu beruhigen, ordnete Präsident Bashir al-Assad an, die verhafteten Jugendlichen freizulassen. Das Regime ist alarmiert. Denn auch in Damaskus, Homs, Banias, Aleppo und Deir al-Zor im Osten gingen tausende Menschen auf die Straße. Ein solches Aufbegehren gegen das Regime hat es seit den islamistischen Unruhen 1982 nicht mehr gegeben, die Assads Vater, Hafiz, mit Panzern und Kampfjets zusammenschießen ließ. Damals starben über 10.000 Menschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2011)

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