Washington überlegt Aufrüstung der Aufständischen

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Westen erwägt, die Rebellen zu bewaffnen. Doch Afghanistan dient als abschreckendes Beispiel, Somalia als Horrorszenario. Ausmaß der Infiltrierung der Rebellen durch al-Qaida ist derzeit schwer einzuschätzen.

Washington . Robert Gates erinnert sich noch lebhaft daran, wie die USA in den 1980er-Jahren die Mudschaheddin in Afghanistan – darunter einen gewissen Osama bin Laden – im Guerillakrieg gegen die Sowjets aufgerüstet haben. Für den Verteidigungsminister, damals ein hochrangiger CIA-Mann, war es eine bittere Lektion, als sich ein Teil der Aufständischen später gegen ihre Schutzmacht wandte.

Dies soll sich im Fall Libyen nicht wiederholen. Außenministerin Hillary Clinton malte anfangs ein Horrorszenario an die Wand: Libyen als zweites Somalia, ohne Muammar al-Gaddafi, aber als Operationsgebiet für al-Qaida.

Diese Erwägungen spielten eine zentrale Rolle bei der Frage nach einer Aufrüstung der libyschen Rebellen, die derzeit geprüft wird. Der Kongress hat Gates, Clinton und Generalstabschef Mike Mullen am Mittwoch zu einer vertraulichen Anhörung vorgeladen. Die Alliierten überlegen, einen Bruchteil der eingefrorenen Gaddafi-Konten im Ausmaß von mehr als 30 Mrd. Dollar für die Bewaffnung der Rebellen aufzuwenden.

Präsident Barack Obama ließ eine Entscheidung offen, doch seine Regierung tendiert dazu, den Rebellen militärisch unter die Arme zu greifen. Bei den Führern der Opposition handle es sich um Anwälte und Ärzte, sagte Obama. US-Außenministerin Hillary Clinton traf Mahmud Jibril, den Chef der selbst ernannten „Übergangsregierung“ der libyschen Opposition, schon zweimal seit Beginn der Militärintervention.

Zwei oder 20 Prozent al-Qaida?

Von den westlichen Alliierten hat sich vor allem Rom gegen eine Bewaffnung ausgesprochen. Frankreich hat keine Einwände, und auch London kann der Idee offenbar etwas abgewinnen: „Wir schließen es nicht aus, aber wir haben nicht entschieden, dass wir es tun werden“, sagte Premier David Cameron am Mittwoch.

Doch wer wären die Empfänger dieser Waffen? Und vor allem: Sind jihadistische Elemente darunter? Es gebe nach Geheimdienstinformationen nur schwache Anzeichen für eine Infiltrierung der Rebellen durch Anhänger der al-Qaida und der Hisbollah, erklärte Nato-Kommandeur James Stavridis. Eine Handvoll algerischer al-Qaida-Kämpfer sei aufgegriffen worden, heißt es. Die „Libya Islamic Fighting Group“, die einst lose mit al-Qaida kooperiert habe, habe sich von ihr losgesagt.

Gene Cretz, bis vor Kurzem US-Botschafter in Tripolis und seither Verbindungsmann zu den Rebellen, zeigte sich angetan von deren demokratischem Instinkt. Doch es bleibt ein Funke an Ungewissheit, ob sie „zu 100 Prozent koscher“ seien, wie Cretz formuliert. Für den Sicherheitsexperten Bruce Riedel, einen CIA-Veteranen, ist die Zugehörigkeit zur al-Qaida nicht quantifizierbar: „Sind es zwei Prozent oder sind es 20 Prozent?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2011)

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