US-Admiral: „Gaddafi steht noch nicht vor dem Zusammenbruch“

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Nato übernahm Kommando der Libyen-Aktion. Der US-Geheimdienst CIA bereits seit Wochen Agenten in Libyen. Gaddafi wurde aus der Luft zwar schon massiv zugesetzt, er steht aber nicht vor dem Zusammenbruch.

Tripolis/Brüssel/Wien/Wg/Ag. Trotz der seit zwei Wochen andauernden Unterstützung der Rebellen aus der Luft gingen die Kämpfe am Boden mit Gaddafis Truppen auch am Donnerstag weiter. Im Hin und Her am Südrand der Großen Syrte versuchten die Rebellen, das am Mittwoch verlorene Städtchen Brega, 200 Kilometer südlich von Bengasi, wieder zu nehmen. Einheiten Gaddafis hatten im Lauf der Woche einen schnellen Vorstoß der Rebellen über die Küstenstraße von Brega auf die weiter westlich gelegene Stadt Sirte, Gaddafis Geburtsort, gestoppt und sie ebenso schnell wieder hinter Brega zurückgeworfen.

Zum Verhängnis wurden der Rebellenarmee neben ihren schlechteren Waffen vor allem chaotische Organisation, mangelnde Aufklärung und Flankenschutz: Ihre Spitzen fuhren vor Sirte in einen Hinterhalt, dann lancierten Gaddafi-Einheiten einen Gegenstoß durch die Wüste in den Rücken der Rebellen, die flohen.

Admiral Mike Mullan, Chef des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, sagte, man habe Gaddafi aus der Luft zwar schon massiv zugesetzt – allerdings stünde er wohl noch nicht unmittelbar vor dem Zusammenbruch.

Daran dürfte die am Donnerstag vollzogene Übernahme des internationalen Libyen-Einsatzes durch die Nato (Codename: „Unified Protector“) wenig ändern, eher im Gegenteil: Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen schloss Waffenlieferungen an die Rebellen aus: „Wir sind dort, um das Volk zu schützen, nicht, um es zu bewaffnen.“ Das UN-Waffenembargo gelte gegenüber ganz Libyen. Washington, Paris und London hatten Waffenlieferungen an die Rebellen erwogen.

Dafür berichtet die „New York Times“, dass der US-Geheimdienst CIA bereits seit Wochen Agenten in Libyen, vor allem in Tripolis, einsetzt, damit sie Ziele für Luftangriffe auskundschaften. Das Weiße Haus wollte sich dazu nicht äußern. Die britische Regierung gab bereits zu, dass der Geheimdienst MI6 sowie die Sondertruppe SAS für solche Einsätze in Libyen sind. Sie melden sich über verschlüsselte Funk- oder Satellitentelefonsysteme; manche „beleuchten“ Ziele mittels Laserstrahlen, damit lasergelenkte Bomben sie genau treffen.

Zweifelhafter Rebellengeneral

Derweil gibt es Berichte, wonach ein Spitzenoffizier der Rebellen, der selbst ernannte General Khalifa Haftr, eine unrühmliche Vergangenheit hat: Er war 1987 im tschadisch-libyschen Krieg im Rang eines Oberst Chef der Militärbasis Wadi Doum im Nordtschad, als sie von unterlegenen tschadischen Truppen mit Jeeps und Panzerabwehrwaffen überrannt wurde. Fast 1300 Libyer starben, 90 T-55-Tanks und 120 Schützenpanzer wurden zerstört oder erbeutet, dazu Jets, Helikopter und ein Frühwarnradar.

Zeugen von einst werfen Haftr Unfähigkeit vor und nennen seine Ernennung jetzt ein „böses Omen“. Laut dem US-Sender „ABC“ setzte er sich nach dem Debakel in die USA ab und lebte dort als „Unternehmer“ in Virginia, bis er Anfang März nach Bengasi reiste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2011)

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