Ungarn: Umstrittene neue Verfassung angenommen

Abstimmung über umstrittene ungarische Verfassung
Abstimmung über umstrittene ungarische VerfassungDemonstration gegen die neue ungarische Verfassung in Budapest (c) EPA (Szilard Koszicsak)
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Das Parlament beschließt mit den Stimmen der Regierungsparteien ein neues Grundgesetz. Für die einen ist die neue Verfassung "ästhetisch schön", für die anderen schlicht "illegitim".

Das ungarische Parlament hat am Montag mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit die umstrittene neue Verfassung angenommen, die auf Gott, die Stephanskrone und das Vaterland, auf Christentum, Familie, Treue, Glaube, Liebe und Nationalstolz schwört.

Den Verfassungstext hatte die regierende rechtskonservative Fidesz-MPSZ von Premier Viktor Orbán vorgelegt, die gemeinsam mit Regierungspartner KDNP (Christdemokraten) über eine Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügt. Für die Verfassung stimmten 262 Abgeordnete bei einer Enthaltung, 44 votierten dagegen, wie offiziell mitgeteilt wurde.

Die neue Verfassung wird nach der Beurkundung durch Staatspräsident Pal Schmitt am 1. Jänner 2012 in Kraft treten. Sie ersetzt die bisherige aus dem Jahr 1949, die nach der Wende 1989 umfassend revidiert worden war. Parlamentspräsident Laszlo Köver würdigte das neue Grundgesetz nach der Abstimmung als "legitim, national und integrierend, auf die Traditionen aufbauend".

Die oppositionellen Sozialisten (MSZP) und Grünen (LMP) waren der Abstimmung fern geblieben. Die Abgeordneten der rechtsradikalen Jobbik-Partei stimmten mit Nein. Sie kritisierten vor allem, dass die Verfassung die "alten kommunistischen Führer nicht aus dem öffentlichen Leben ausschließt".

Sozialisten: "Verfassung illegitim"

Die Sozialisten hatten die Verfassung im Vorfeld als "illegitim" bezeichnet. Die LMP befürchtet, dass die neue Verfassung die Rechtssicherheit nicht garantiere. Der Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz-MPSZ, Janos Lazar, erklärte, mit der Verabschiedung der Verfassung sei ein zwanzigjähriges Versprechen eingelöst worden. Die MSZP und die LMP hätten ihre Wähler "betrogen", da sie nicht am Prozess der Erarbeitung der neuen Verfassung teilnahmen. Premier Orbán hatte den Verfassungstext im Vorfeld als "ästhetisch schön" bezeichnet.

Gegen das neue Grundgesetz hatten am Wochenende tausende Menschen in Budapest demonstriert. Ex-Premier Ferenc Gyurcsany betonte auf der Protestkundgebung, dass Orbán nach der "Alleinherrschaft" strebe. Orbán hätte die Republik "verraten", die "Pressefreiheit mit Füßen getreten", er würde einen Teil der Staatsanwaltschaft "für politische Ziele nutzen" und die Gerichte "einschüchtern".

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, der sich am Montag in Budapest aufhielt, brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass alles für den "Schutz der grundlegenden Freiheitsrechte" unternommen werde.

(Ag.)

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