Libyen: Rebellen zählen 10.000 Tote und 55.000 Verletzte

Libyen: Rebellen zählen 10.000 Tote und 55.000 Verletzte
Libyen: Rebellen zählen 10.000 Tote und 55.000 VerletzteSymbolbild: Libysche Flagge der Rebellen (c) Reuters (Amr Abdallah Dalsh)
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Bei den libyschen Kampfhandlungen soll es laut Rebellenangaben bereits tausende Tote und zehntausende Verletzte geben. Indes lässt das Gaddafi-Regime humanitäre Hilfe der UNO zu.

Libyen: Angeblich zehntausend Tote und 55.000 Verletzte
Libyen: Angeblich zehntausend Tote und 55.000 Verletzte(c) Die Presse (Grafik)

Seit Beginn des Konflikts in Libyen sind bei Kämpfen in dem nordafrikanischen Land nach Angaben der Aufständischen bereits zehntausend Menschen getötet und bis zu 55.000 weitere verletzt worden. Das sagte Italiens Außenminister Franco Frattini am Dienstag in Rom und berief sich auf Angaben des Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrats der Rebellen, Mustafa Abdel Jalil. Zehntausend Menschen sind nach Schätzungen des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) in den vergangenen zehn Tagen vor den Kämpfen in Libyen geflohen.

Unterdessen haben Einheiten des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi am Dienstag erneut die eingekesselte Rebellenbastion Misrata beschossen. Das libysche Staatsfernsehen meldete neue Luftangriffe der Nato. Kampfflugzeuge der Allianz hätten in den Morgenstunden die Hauptstadt Tripolis und Gaddafis Heimatstadt Sirte  bombardiert. Der Oberbefehlshaber über den Nato-Militäreinsatz in Libyen, Generalleutnant Charles Bouchard, beschuldigte die Gaddafi-Truppen in Misrata auf Zivilisten zu schießen.

Humanitärer UN-Korridor im Westen

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (UN World Food Programme/WFP) errichtete nach eigenen Angaben einen neuen humanitären Korridor im Westen Libyens und leitete erstmals einen Hilfstransport für tausende notleidende Menschen in umkämpften Gebieten in die Wege, die seit Ausbruch der Kämpfe ohne Hilfe geblieben sind. Die Hilfe des WFP hat bisher nach Angaben des Programms rund 187.000 Menschen im Osten Libyens erreicht, rund 17.500 Tonnen Nahrungsmittelvorräte wurden im Land und den umliegenden Gebieten bereitgestellt.

Die libyschen Machthaber unter Gaddafi hatten sich am Montag nach UN-Angaben zur Schaffung eines humanitären Korridors für Helfer der Vereinten Nationen bereiterklärt. UN-Sprecher Farhan Haq sagte am Montag in New York, dies sei Teil einer Vereinbarung über humanitäre Hilfe, den die UN-Vizegeneralsekretärin für humanitäre Angelegenheiten, Valerie Amos, am Sonntag mit Regierungsvertretern in Tripolis erzielt habe. Zudem dürfen die UN Hilfslieferungen ins umkämpfte Misrata in Nordlibyen schaffen. Eine entsprechende Einigung hätten UN-Vertreter mit der Regierung von Diktator Gaddafi getroffen, sagte eine Sprecherin des UN-Nothilfebüros OCHA am Montag (Ortszeit) in New York.

EU-Soldaten ins Krisengebiet

Die EU-Kommission hatte ihre provisorische Planung für humanitäre Hilfe in Libyen am Montag abgeschlossen. Dabei könnten auch Soldaten aus europäischen Staaten zum Schutz von Hilfslieferungen in umkämpften Städten wie Misrata eingesetzt werden.

Deutschland stockt seine humanitäre Hilfe für Libyen um zwei auf etwa sieben Millionen Euro auf. Das zusätzliche Geld soll vor allem für Menschen in der umkämpften Stadt Misrata verwendet werden, wie das Auswärtige Amt am Dienstag in Berlin mitteilte. Damit sollen unter anderem etwa 2000 Flüchtlinge in den nächsten Tagen aus Misrata in die Rebellen-Hochburg Benghazi (Bengasi) gebracht werden. Das Geld fließt nach Angaben des Auswärtigen Amtes an das UNHCR, das WFP sowie die Internationale Organisation für Migration (IOM).

Übergangsrat will mit Italien zusammenarbeiten
Laut dem Vorsitzenden des Nationalen Übergangsrats der libyschen Rebellen, Jalil, wollen die Aufständischen in Libyen mit Italien zusammenarbeiten, um die Migrationswelle aus Nordafrika in Richtung Europa zu stoppen. "Wir wollen gemeinsam vorgehen, um an unseren Grenzen die afrikanische Flüchtlingsströme zu stoppen", sagte Jalil nach einem Treffen mit Außenminister Frattini in Rom. Er hob hervor, dass Libyen noch mehr als Italien unter der Flüchtlingswelle aus afrikanischen Kriegsgebieten leide. "Vierzig Prozent aller in Libyen verübten Verbrechen werden von afrikanischen Flüchtlingen verübt, die nach Europa reisen wollen", erklärte Jalil.

In den vergangenen Wochen sind fast 3000 libysche Flüchtlinge in Süditalien eingetroffen. Die italienische Regierung hatte vor einem "Migrantenexodus" aus Libyen gewarnt.

Hilfe auch für Gaddafi

Frattini erklärte, dass Italien Gaddafi Hilfe leisten würde, sollte er in Lebensgefahr schweben. "Wir würden ihm wie jedem anderen Libyer helfen", erklärte der italienische Außenminister. Dasselbe gelte auch für die Anhänger Gaddafis. Nach Angaben des italienischen Außenministers soll Anfang Mai beim nächsten Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Rom der mögliche Verkauf von Öl durch die Rebellen auf der Tagesordnung stehen.

Jalil meinte Italien, Frankreich und Katar würden bei den zukünftigen Beziehungen des Übergangsrats bevorzugt. Frankreich, Italien und Katar haben den Übergangs-"Nationalrat" der Rebellen in Benghazi als legitime Vertreter des nordafrikanischen Landes anerkannt. Am Mittwoch wollte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Jalil in seinem Amtssitz empfangen. Das teilte der Elysee-Palast am Dienstag mit.

Im Gegensatz zu Italien und Frankreich erkennt die Europäische Union den "Libyschen Nationalrat" der Rebellen nicht an. Auch Österreich sieht weiter das Regime von Machthaber Muammar al-Gaddafi als Vertretung des Landes. Die österreichische Regierung betrachtet zugleich den derzeitigen libyschen Botschafter in Wien, Ahmed Menesi, weiter als offiziellen Vertreter seines Landes, obwohl dieser sich Anfang März zur Rebellenregierung in Bengasi bekannte.

(Ag.)

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