Die Donau-Republik hat ab 1. Jänner 2012 zwei neue Grundgesetze, kritisiert ein ungarischer Verfassungsrechtler. Die erst kürzlich durchgepeitschte neue Verfassung setzt das alte Grundgesetz nicht außer Kraft.
Ungarn wird ab 1. Jänner 2012 zwei Verfassungen haben, erklärte der Verfassungsrechtler György Kolláth in der Tageszeitung "Népszabadság" (Dienstagsausgabe).
Denn durch das neue Grundgesetz, das Staatspräsident Pál Schmitt am Ostermontag unterzeichnete, würde die aktuelle Verfassung nicht außer Kraft gesetzt werden. "Im Text steht nur, dass das neue Grundgesetz am 1. Jänner 2012 in Kraft tritt", betonte Kollath.
Missglückte "Wiedergeburt"
Formell gesehen hätten deswegen in Ungarn dann zwei Grundgesetze Gültigkeit. Das sei ein "skandalöser fachlicher Fehler", der auf jeden Fall beseitigt werden müsse. Laut Kollath müsse das Parlament bereits die erste Verfassungsmodifizierung vornehmen, obwohl das Grundgesetz gerade erst unterzeichnet wurde.
Staatschef Pál Schmitt hatte am Ostermontag das neue Grundgesetz unterzeichnet. Die Opposition und Zivilorganisationen hatten Schmitt gebeten, das "illegitime" und als "Orbán-Verfassung" kritisierte Grundgesetz nicht zu unterzeichnen. Premier Viktor Orbán hingegen lobte dies und hob hervor, die neue Verfassung könnte zum "Dokument der Wiedergeburt" werden, da ihre Unterzeichnung auf den Ostermontag fiel.
Parlamentspräsident László Kövér hatte das neue Grundgesetz letzte Woche unterzeichnet, das von den Abgeordneten der Regierungsparteien Fidesz-MPSZ und den Christdemokraten (KDNP) sowie einem unabhängigen Abgeordneten mit 262 Ja- und 44-Nein-Stimmen sowie einer Stimmenthaltung verabschiedet wurde. Mit Nein hatte die rechtsradikale Jobbik-Partei gestimmt. Die oppositionellen Sozialisten (MSZP) und die Grünen (LMP) blieben der Abstimmung fern.
(APA)