"Team Six": Geheime Eliteeinheit im Rampenlicht

Team Geheime Eliteeinheit Rampenlicht
Team Geheime Eliteeinheit Rampenlicht(c) Dapd (Eddie Harrison/U.S. Navy)
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Gegründet als Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg, haben die Navy Seals als Allzweckwaffe hinter den feindlichen Linien im Vietnam-Krieg ihren Ruf als Kampfmaschinen und lautlose Killer erworben.

Ein Stakkato aus Maschinengewehrsalven und dem Gebrüll der Instruktoren reißt die Rekruten Sonntagnacht aus dem Schlaf, gefolgt von einer Kakofonie aus Gefechtslärm, Explosionen und der Hardrock-Hymne „Highway to Hell“. Draußen auf dem Exerzierplatz empfangen sie künstlicher Nebel und ein Schlauch, der sie mit Wasser bespritzt.

Mit einer Schocktherapie für Morgenmuffel beginnt im südkalifornischen Coronado, in der Bucht von San Diego, die sagenumwobene „Höllenwoche“, die zwar nur fünfeinhalb Tage dauert, aber die Anwärter für die Eliteeinheit der Navy Seals mit Schlafentzug und unerbittlichem Training aufs Härteste fordert. „Der einzig leichte Tag war gestern“, lautet stilgerecht das Motto. „Nass, kalt und salzig“, so erinnert sich Eric Greitens heute schmunzelnd an die Herausforderung. Wer sie übersteht, trägt das Emblem, das sich aus einem Adler, einem Anker, einem Dreizack und einer Pistole zusammensetzt, wie ein Ehrenzeichen.

„Sie bringen dich an die geistigen, körperlichen und emotionalen Grenzen“, sagt Greitens. „Doch je härter das Training ist, desto weniger blutest du dafür im Krieg.“

Wer aufgeben will, muss unter den Blicken der Kameraden dreimal an einer Glocke läuten – bezeichnenderweise, während er auf einer Matte mit Abdrücken von Froschfüßen steht. Im Lauf der insgesamt zweijährigen Ausbildung fallen 75 Prozent der Bewerber durch – darunter sogar Topathleten, schildert Howard Wasdin im Buch „Seal – Team Six“, das in den USA in den kommenden Tagen erscheint. Als Scharfschütze hat er es in das „Team Six“ geschafft, in dem nur die Besten der Besten aufgenommen werden.


Obamas Dank. Ein besseres Timing für seinen programmierten Bestseller hätte sich Wasdin nicht wünschen können. Seit der Aktion gegen bin Laden genießt die Spezialtruppe Heldenstatus. Offiziell existiert „Team Six“ indes gar nicht. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit dankte Präsident Barack Obama am Freitag bei seinem Besuch in Fort Campbell den Männern des Teams, das wieder ins Hauptquartier in Virginia Beach zurückgekehrt ist. Vizeadmiral William McRaven, Kommandeur aller US-Spezialtruppen, erhält bald seinen vierten Stern und eine Beförderung. Und auch der Spürhund „Cairo“ mit den angeblichen Titanzähnen, der die Seals in Abbottabad begleitete, kriegt eine Sonderration.

Penibel haben sich die 24 Mann – Frauen bleibt der Zutritt verwehrt – auf ihr Killerkommando vorbereitet. Die Elitesoldaten, die für Operationen an Land, auf See und in die Luft gedrillt wurden, arbeiten unter dem Deckmantel der Anonymität. Aus Berichten ehemaliger Seals ist indes bekannt, dass für so delikate Aktionen wie gegen bin Laden meist erfahrene Haudegen zum Einsatz kommen, die älter sind als 30 Jahre. Neben den physischen Fähigkeiten legen die „Seehunde“ großen Wert auf eine umfassende Ausbildung, die Kultur und Geschichte miteinbezieht.

Gegründet als Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg, haben die Navy Seals als Allzweckwaffe hinter den feindlichen Linien im Vietnam-Krieg ihren Ruf als Kampfmaschinen und lautlose Killer erworben. Sie verfolgten Kriegsverbrecher während der Balkan-Kriege, und seit den Kriegen im Irak und in Afghanistan stehen sie im Dauereinsatz. „Team Six“ wurde nach der blamabel fehlgeschlagenen Befreiungsaktion der US-Geiseln durch US-Marines im Iran 1980 aus der Taufe gehoben. Aber auch Howard Wasdin erlebte seinen schwarzen Tag: Bei einer Aktion gegen Warlords in Mogadischu überlebte er 1993 nur mit viel Glück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2011)

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