Griechenland: Gerüchte, Dementi und Geheimgipfel

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Griechenland Geruechte Dementi Geheimgipfel(c) REUTERS (YIORGOS KARAHALIS)
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Spekulationen, Griechenland könnte aus der Eurozone austreten, werden heftig bestritten. Aber ein Geheimtreffen von EU-Finanzministern sorgt für Nervosität. Sichtlich verärgert ist man im griechischen Finanzministerium.

Ich verneine vollkommen, dass es ein Treffen gibt, diese Berichte sind falsch – so hat Guy Schuller, der Sprecher von Eurozonen-Chef Jean-Claude Juncker, am Freitagabend dementiert, dass sich die höchsten Finanzpolitiker Europas in Luxemburg zu einem Griechenland-Krisengipfel getroffen haben. Doch das Treffen hat stattgefunden. Das gab Juncker selbst wenige Stunden später zu.

Verschweigen, Vertuschen und Halbwahrheiten: Was bei dem Treffen besprochen wurde, soll tunlichst nicht öffentlich werden. „Spiegel Online“ hatte zuvor mit einem Bericht, Griechenland erwäge einen Austritt aus der Währungsunion, für Nervosität gesorgt. Juncker leugnete das. „Wir wollen nicht, dass der Euroraum ohne Grund explodiert“, so der luxemburgische Finanzminister. Ein Austritt Griechenlands sei eine „dumme Idee“, die man nicht diskutiert habe und ein Weg, den „wir niemals gehen würden“.

Auch eine Umschuldung Griechenlands, über die an den Finanzmärkten seit einiger Zeit diskutiert wird, habe man ausgeschlossen, so Juncker. Man müsse aber am 16.Mai beim nächsten Treffen der EU-Finanzminister darüber sprechen, ob Griechenland einen „weiteren Wirtschaftsplan“ benötige. Details dazu? Fehlanzeige.

Auch die deutsche Regierung versucht, das Treffen herunterzuspielen: Das sei kein Krisentreffen gewesen. Vielmehr habe sich bloß eine Runde aus Finanzministern und europäischen Mandatsträgern getroffen und sich über aktuelle Fragen ausgetauscht. Deutschen Medienberichten nach waren auch Österreicher bei dem Gipfel. Stimmt nicht, sagt Harald Waiglein, der Sprecher des Finanzministeriums. Niemand aus dem Ministerium sei bei einem Treffen zum Thema Griechenland gewesen.


Griechen sind verärgert. Sichtlich verärgert ist man im griechischen Finanzministerium. Griechenlands Mitgliedschaft sei bei dem Treffen jener Eurozonen-Finanzminister, die auch an den G20-Treffen teilnehmen, nicht einmal angesprochen worden, heißt es in einem Statement. Auch von „unverantwortlichen Reportern“ und „Provokation“ ist die Rede. Finanzminister Giorgos Papaconstantinou hat an dem Treffen teilgenommen.

Griechenlands Regierungschef Papandreu äußerte sich erbost zu den Spekulationen über einen Euro-Ausstieg: „Über so ein Szenario ist noch nicht einmal bei inoffiziellen Anlässen gesprochen worden. Ich fordere jeden im Ausland auf, Griechenland in Ruhe seine Arbeit machen zu lassen.“

IWF und EU zweifeln an den Reformen. Die Politik versucht, mit allen Mitteln zu beruhigen. Aber die Hektik und die vielen widersprüchlichen Informationen über das Treffen zeigen, wie groß die Angst vor der Reaktion der Finanzmärkte ist. Die Zweifel, ob Griechenland seiner Finanzprobleme noch Herr werden kann, wachsen. Genährt werden sie durch die jüngste Kritik des Internationalen Währungsfonds (IWF) am griechischen Sparprogramm. Vor allem mit der Umsetzung der Privatisierung soll der IWF sehr unzufrieden sein. Auch in Kreisen der EU heißt es, es sei unklar, ob Athen die Bedingungen für die Auszahlung der nächsten Kredittranche des Hilfspaketes erfüllen könne. Es herrsche Druck, über eine Umschuldung zu entscheiden.

Das mit 327 Mrd. Euro verschuldete Land wird von EU und IWF bereits mit Darlehen von 110 Mrd. Euro gestützt. Die Hälfte davon ist bereits ausgezahlt. Würde Griechenland insolvent, wäre das Geld zum Teil verloren.

Im Juni prüfen EU, IWF und EZB erneut den Fortgang der Reformen und die Entwicklung des Landes, das seinen Finanzbedarf ab kommenden Jahr eigentlich zunehmend wieder an den Finanzmärkten decken sollte. cim

Ein Ausstieg aus der Eurozone, den Griechenland einem Bericht von „Spiegel Online“ erwägt, wird von allen Seiten heftig dementiert.

Chaos und Widersprüche um ein Treffen europäischer Spitzenpolitiker zeigen, dass die Nervosität wächst.

Bisher wird Griechenland von der EU und dem IWF mit 110Mrd. Euro gestützt. Beide sind mit der Umsetzung des Sparpakets nicht sehr unzufrieden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2011)

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