Ukraine: Am Siegestag wehen sowjetische Fahnen

Streit Ukraine Siegestag wehen
Streit Ukraine Siegestag wehen(c) EPA
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Bei den offiziellen Feierlichkeiten anlässlich des Ende des Zweiten Weltkriegs wird neben den blau-gelben ukrainischen Bannern wieder die rote Sowjetfahne mit Hammer und Sichel in den Fahnenmasten stecken.

Kiew. Die Zeitungen sind voll mit Erinnerungen der Helden des „Großen Vaterländischen Krieges“, Präsident Viktor Janukowitsch lächelt gütig von Plakaten und wünscht einen fröhlichen Festtag, die Veteranen führen schon Tage vor der Siegesparade ihre mit Orden bestückten Anzüge spazieren.

Der „Den Pobedy“, der „Tag des Sieges“, wird am Montag in der Ukraine ausgiebig gefeiert. Doch statt siegreicher Einigkeit liegt sich das Land in den Haaren. Bei den offiziellen Feierlichkeiten anlässlich des Ende des Zweiten Weltkriegs wird neben den blau-gelben ukrainischen Bannern wieder eine andere, altbekannte Fahne in den Fahnenmasten stecken: die rote Sowjetfahne mit Hammer und Sichel.

Das Parlament in Kiew hat in letzter Minute ein Gesetz verabschiedet, das die Verwendung der „alten“ Flagge offiziell gestattet. So darf sie auch an staatlichen Gebäuden angebracht werden – mehr als 20Jahre nach Zerfall der UdSSR. Zwar hat Präsident Janukowitsch, selbst Verfechter der Regelung, bis zuletzt das Gesetz nicht durch seine Unterschrift bestätigt; doch schon vor ein paar Tagen war er bei einem Festakt zu sehen, flankiert von einem blau-gelben und einem knallroten Banner.

Vorwärts in die Vergangenheit?

Auch wenn der Fahnenerlass Janukowitschs, dessen Popularitätswerte kontinuierlich fallen, nur ein atmosphärisches Zugeständnis an die verarmten Veteranen und seine russophile Wählerschaft sein mag: Prowestliche Kritiker sehen darin einen weiteren Beleg dafür, wohin der Präsident das Land führt: vorwärts in die Vergangenheit. In der antisowjetisch und prowestlich gepolten Westukraine haben Stadträte und Veteranenverbände angekündigt, die roten Fahnen nicht zuzulassen.

Und auch ein anderer umstrittener Gesetzesvorschlag von Janukowitschs „Partei der Regionen“ wartet auf die Lesung im Parlament: Die Finanzierung ukrainischer Nichtregierungsorganisationen (NGO) durch internationale Geldgeber soll verboten werden.

Druck auf ukrainische NGOs

Man müsse sich genau ansehen, was fremde Staaten oder „Donors“ wie George Soros wirklich treiben, heißt es. Die Regierung bezichtigt Geldgeber, Anti-Regierungs-Propaganda zu betreiben, heimische Organisationen tanzten nach ausländischer Pfeife. In der Ukraine heben NGOs kaum Mitgliedsbeiträge ein und sind fast ganz von internationaler Unterstützung abhängig.

Die starke Ausrichtung nach den Wünschen der Geldgeber sei tatsächlich ein Problem, bestätigt Kiril Savin, Leiter des Kiewer Büros der Heinrich-Böll-Stiftung. Allerdings: „Der Entwurf ist überdimensioniert und politisch motiviert. Man will die finanzielle Unterstützung von außen unterbinden.“ Dass die gesamte Zivilgesellschaft in die Mangel genommen wird, interpretiert Savin als weiteren Schritt der Ausschaltung politischer Gegner. Die Oppositionsparteien sind seit dem Amtsantritt Janukowitschs an den Rand gedrängt worden, regierungskritisches Engagement habe sich auf zivilgesellschaftliche Initiativen verlagert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2011)

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