Syrien: Armee soll immer mehr Städte abriegeln

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Das Regime behauptet, ein Schießverbot erlassen zu haben. Unter den Demonstranten geht trotzdem die Angst vor einem neuen Blutvergießen um. An den Demonstrationen nach dem Freitagsgebet halten sie fest.

Die syrische Armee riegelt in ihrem Kampf gegen die Oppositionellen immer mehr Städte ab: Am Freitag ließ die Armee in den wichtigsten Zentren des Landes Militär aufmarschieren. Demokratieaktivisten kündigten an, trotz der drohenden Gewalt durch das Regime nach dem Freitagsgebet wieder zu demonstrieren.

"Es war kein Dialog"

Während auf der Straße in den vergangenen Tagen mit Gewalt gegen Regimegegner vorgangen wurde, traf sich Präsidentenberaterin und Staatsministerin Bouthaina Shaaban erstmals mit Dissidenten. "Es war kein Dialog, sondern eine Anhörung von Gesichtspunkten hinsichtlich der gegenwärtigen Lage", erklärte der Schriftsteller Michel Kilo, einer der vier Gesprächspartner Shaabans, am Freitag gegenüber der kuwaitischen Zeitung "Al-Rai".

Präsidentenberaterin Shabaan behauptete gegenüber den Dissidente nauch, der Präsident hätte ein Schießverbot für die Sicherheitskräfte beim Vorgehen gegen Demonstranten verordnet. Wer sich nicht daran halte, werde zur Rechenschaft gezogen.

Dass das Regime im Kampf um den Erhalt der seit 1963 herrschenden Diktatur der Baath-Partei ernsthaft auf Gewalt verzichtet, bezweifeln die meisten nach den Ereignissen der letzten Wochen. Viele Demonstranten fürchten sich vor einer brutalen Reaktion des Regimes auf die angekündigten Proteste nach dem Freitagsgebet.

Schützt Russland Assad?

Westliche Diplomaten erklärten unterdessen, Russland bemühe sich darum, die Veröffentlichung eines UNO-Berichts zu Syrien zu verhindern. In dem Papier gehe es darum, dass der Iran angeblich ein Embargo unterläuft und Waffen nach Syrien liefert. Russland habe es abgelehnt, den Bericht als offizielles Dokument des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen publizieren zu lassen, sagte ein Diplomat der Nachrichtenagentur Reuters. "Es ist offensichtlich ein Versuch, Assad zu schützen", erklärte ein anderer Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Zahlen zum Syrien-Aufstand

Nach den islamischen Freitagsgebeten wollten Demonstranten wieder auf die Straße gehen. Nach UNO-Menschenrechtsangaben sind in den vergangenen Wochen in Syrien bis zu 850 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden. Tausende seien festgenommen worden. Die syrische Regierung hat erklärt, dass rund 100 Soldaten und Polizisten bei den Protesten umgekommen sind. Ausländischen Journalisten wird ein Aufenthalt in Syrien derzeit verweigert, daher ist eine unabhängige Bestätigung nicht möglich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2011)

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