Blutiger Machtkampf: Neue Waffenruhe im Jemen?

(c) REUTERS (Ammar Awad)
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Der Präsident fliegt schwer verletzt nach Saudi-Arabien, einer seiner Gegner wird mit Granaten beschossen. Nun soll es eine Feuerpause geben.

Der Machtkampf zwischen dem umstrittenen jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh und einflussreichen Gegnern aus seinem eigenen Hashid-Stamm wird immer blutiger.

Nachdem der 69-Jährige am Freitag einen Anschlag überlebt hatte, feuerten seine Gefolgsleute am Samstag Granaten auf das Haus des Oppositionspolitikers Scheich Hamid al-Ahmar in Sanaa ab. Zehn Menschen seien getötet und mindestens 35 weitere zum Teil schwer verletzt worden, berichtete die Nachrichtenwebsite News Yemen. Der Präsident soll schwer verletzt nach Saudi-Arabien gebracht worden sein.

Neuer Waffenstillstand?

Nun sollen die Konfliktparteien aber einer neuen Waffenruhe zugestimmt haben. Das Nachbarland Saudi-Arabien habe eine Feuerpause zwischen den Streitkräften und einer Stammesvereinigung vermittelt, hieß es am Samstag aus saudi-arabischen Regierungskreisen. Ein Stammesanführer sagte, seine Gefolgsleute würden sich daran halten.

Erst vor einer Woche hatte Saudi-Arabien eine Waffenruhe vermitteltet, die allerdings nur einen Tag gehalten hatte.

Saleh fliegt  nach Saudi-Arabien

Präsident Saleh wird in Saudi-Arabien erwartet. Das hieß es am Samstag aus dem Umfeld der saudi-arabischen Regierung. Saleh wird im Königreich ärztlich behandelt.

Der britische Sender BBC meldete, Saleh sei beim Beschuss des Präsidentenpalastes schwerer verletzt worden, als zunächst angegeben. Demnach habe er durch einen Granatsplitter eine Verletzung unterhalb des Herzens erlitten. Zudem habe er Verbrennungen Zweiten Grades auf der Brust und im Gesicht. Auch aus Saudi-Arabien kamen ähnliche Angaben zu Salehs Verletzungen.

Jemens Präsident wurde während des traditionellen Freitaggebets, das er mit anderen Politikern in einer Moschee neben dem Palast verrichtete, von einem Granatsplitter getroffen. Einem TV-Bericht zufolge starben bei der Attacke sieben Offiziere. Fünf hohe Mitglieder der Regierung und des Parlaments wurden mit schweren Verletzungen nach Saudi-Arabien geflogen.

Deutschland schließt Botschaft

Angesichts der nicht abebbenden Gewalt in weiten Teilen der Hauptstadt schloss Deutschland vorübergehend seine Botschaft. Außenminister Guido Westerwelle forderte am Samstag die rund 30 noch im Jemen verbliebenen Deutschen auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die deutsche Bundesregierung folgte damit anderen Staaten. Auch Großbritannien appellierte an seine Bürger, den Jemen umgehend zu verlassen.

Österreich ist in Sanaa nur durch ein Honorarkonsulat vertreten, für den Jemen ist die Botschaft im Oman zuständig. Laut Außenministerium dürften sich derzeit keine Österreicher im Jemen aufhalten.

Die EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton verlangte einen sofortigen Waffenstillstand im Jemen. Regierungstruppen und Stammesmilizen sollten sich zurückhalten und die "Eskalation der Gewalt" beenden, sagte Ashton in Brüssel. Die USA verurteilten die "sinnlose Gewalt" in dem vom Terror heimgesuchten Armenhaus der arabischen Halbinsel.

Machtkampf nimmt extreme Ausmaße an

In den vergangenen Wochen hatte der seit langem schwelende Machtkampf zwischen Saleh und der rivalisierenden Al-Ahmar-Familie extreme Ausmaße angenommen. Scheich Sadik al-Ahmar ist Oberhaupt des Hashid-Stammes, dem auch die Präsidentenfamilie angehört. Hamid al-Ahmar, ein Bruder des Stammesführers, ist ein vermögender Geschäftsmann.

Die Al-Ahmar-Familie wehrt sich unter anderem gegen die Absicht von Saleh, seinem ältesten Sohn Ahmed die Macht zu übergeben. Der ist Kommandant der Republikanischen Garde und damit eine der wichtigsten Machtstützen seines Vaters. Dagegen unterstützen die Al-Ahmars die Opposition, die seit Jahresbeginn Präsident Saleh mit Massenprotesten zum Rücktritt zwingen will.

Nach dem Angriff vom Freitag machte Saleh umgehend die verfeindete Al-Ahmar-Familie verantwortlich und bezeichnete diese als Bande von Gesetzlosen. Das Büro des Stammesführers wies alle Anschuldigungen zurück.

Saleh hat nach Berichten von Augenzeugen die blutige Eskalation mit ausgelöst. Mitglieder der loyal zu ihm stehenden Republikanischen Garde hätten zuvor die Häuser seines Halbbruders, General Ali Mohsen al-Ahmar, und des Oppositionspolitikers Hamid al-Ahmar in Sanaa beschossen. Anhänger der beiden Männer hätten daraufhin zum Gegenschlag ausgeholt und auf das Gelände des Präsidentenpalastes gefeuert.

(APA)

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