Vietnam bereitet sich auf einen Waffengang mit China vor

(c) EPA (Julian Abram Wainwright)
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Konflikt um das an Ressourcen reiche Archipel eskaliert. Vietnams Premier legte fest, wer im Kriegsfall als Soldat eingezogen wird. Am Montag hat Vietnam eine Truppenübung im Südchinesischen Meer abgehalten.

Bangkok. Vietnam schlägt einen zunehmend konfrontativen Kurs gegenüber China ein. Premier Nguyen Tan Dung hat ein Dekret unterzeichnet, das regelt, wer im Ernstfall zum Kriegsdienst verpflichtet werden soll. Bereits am Montag hat Vietnams Marine eine Truppenübung im Südchinesischen Meer abgehalten. Kriegsschiffe haben dabei rund 40 Kilometer vor der Provinz Quang Nam in Zentralvietnam neun Stunden lang Zielübungen mit Artilleriegeschossen abgehalten.

Vietnams Außenamt bezeichnet die Truppenübung zwar als „alljährliche Routineübung“, doch der Zeitpunkt spricht dafür, dass Hanoi ein Zeichen setzen wollte. Erst vergangene Woche hat Vietnam gegen einen Zwischenfall protestiert, bei dem ein chinesisches Fischerboot, begleitet von zwei Patrouillenbooten, „absichtlich“ mehrere Kabel eines vietnamesischen Erdöl- und Erdgas-Erkundungsschiffes durchtrennt haben soll. Zu einem ähnlichen Zwischenfall soll es bereits Ende Mai gekommen sein. Daraufhin haben sich in vietnamesischen Großstädten Demonstranten versammelt und gegen Chinas Vorgehen protestiert.

Der Vorfall in der vergangenen Woche soll sich innerhalb der 200Seemeilen (370Kilometer) großen „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ des Landes abgespielt haben, in der Vietnam gemäß Völkerrecht das exklusive Recht zusteht, nach Rohstoffen zu suchen. Peking erkennt diesen Wirtschaftsraum nicht an und beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer.

Im Kern der Auseinandersetzung liegen zwei Archipele im Südchinesischen Meer. Die Paracel- und Spratly-Inselgruppen sind unbewohnt, dort werden aber große Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet. Neben China erheben auch Vietnam, die Philippinen, Malaysia, Taiwan und Brunei Ansprüche auf Teile dieser Archipele.

Die Konflikt schwelt schon seit mehreren Jahrzehnten und hat bereits zu mehreren schwerwiegenden Vorfällen geführt. 1979 haben Vietnam und China einen kurzen, aber blutigen Grenzkrieg geführt, bei dem es zumindest am Rand auch um Ansprüche auf die Spratly-Inseln ging. 1988 starben mehr als 70 vietnamesische Seeleute nach einem chinesischen Angriff. Diesmal scheint Hanoi entschlossen, seine Ansprüche endgültig durchzusetzen. Erst vergangene Woche hat Premier Nguyen Tan Dung Vietnams Ansprüche in der Region als „unanfechtbar“ bezeichnet.

Schützenhilfe aus den USA

Schützenhilfe erhält Vietnam dabei auch aus den USA. Der demokratische Senator Jim Webb, der einem Senatsausschuss zu Ostasien vorsteht, hat am Montag erklärt, die USA sollten Peking wegen des Einsatzes von Gewalt kritisieren und sich stärker für multilaterale Verhandlungen aussprechen. Webb sagte, Vietnam und andere Staaten in der Region beobachteten, ob die USA eine Erklärung aus dem vergangenen Jahr „durch substanzielle Handlungen“ unterstrichen. „Das bedeutet per se keine militärische Konfrontation, aber wir müssen ein Zeichen setzen.“

China reagierte verärgert auf den Vorstoß. Der Sprecher des Außenministeriums Hong Lei erklärte, dass nur Staaten, die territoriale Ansprüche erheben, an Verhandlungen beteiligt sein sollten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2011)

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