Umbildung: Verschnaufpause für Athener Regierung

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Der neue, durchsetzungskräftige Finanzminister Evangelos Venizelos soll dem total umgekrempelten Regierungskabinett von Griechenlands Ministerpräsident Georgios Papandreou mehr Ansehen bei den Bürgern bringen.

Athen. Mit einer Regierungsumbildung hat der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou am Freitag seine sozialistische Pasok-Partei wieder hinter sich vereint. Sozialistische Abgeordnete hatten heftige Kritik an der Sparpolitik geäußert, die dem pleitegefährdeten Staat von seinen Kreditgebern auferlegt wurden, aber auch am Regierungsstil Papandreous.

Finanzminister ist ein Genießer

Wichtigste Umbesetzung ist die Ernennung von Evangelos Venizelos zum Finanzminister, dem momentan wichtigsten Ressort Griechenlands. Der 54-jährige Verfassungsrechtler war bis Freitag Verteidigungsminister, hatte aber schon viele Ministerposten in mehreren Regierungen inne. In der Regierungspartei Pasok gilt er als Nummer zwei und als großer Konkurrent Papandreous, unterlag ihm 2007 bei der Wahl zum Parteivorsitzenden aber klar. Venizelos wird großes Durchsetzungsvermögen zugeschrieben, er ist groß, stark und ein Freund guter Küche.

Tatkraft wird der neue Finanzminister auch brauchen. Bis zum Ende des Monats muss er erneut ein Sparprogramm von 78 Milliarden Euro zusammenstellen, um eine weitere Tranche an Hilfskrediten zu erhalten und Griechenland vor der Pleite zu retten. Venizelos wird allerdings größeres Verhandlungsgeschick als seinem Vorgänger Georgios Papakonstantinou zugeschrieben. Dieser, anfangs als junger Experte mit eisernem Arbeitseifer gefeiert, war in den eigenen Reihen und in der Bevölkerung auf Kritik gestoßen, weil er die EU-Auflagen allzu bedingungslos akzeptiert hatte.

Venizelos hat da mehr Rückhalt als Papakonstantinou, der nun Umweltminister wird. Auch die beiden Abgeordneten, die in den dramatischen Stunden vor Papandreous Entscheidung, mit einem neuen Kabinett weiterzuregieren, zurückgetreten sind, gehören zum direkten Umfeld Venizelos.

Papandreou hat sich außerdem von einigen seiner persönlichen Vertrauten getrennt, wie von Außenminister Droutsas. Dieser lebte im Übrigen einmal in Wien und war Rechtsberater des damaligen Außenministers Wolfgang Schüssel. Neuer Außenminister wird Stavros Lambrinidis, Verteidigungsminister Panos Beglitis.

Die Kritiker der Regierung, wie die ehemalige EU-Kommissarin Vasso Papandreou oder die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia, verlangen eine Neuverhandlung des Sparprogramms und vor allem der Steuerpolitik. An dieser Frage war der Vorstoß des Premiers am Donnerstag gescheitert, die Nea Dimokratia zu einer Regierung der nationalen Einheit mit ins Boot zu holen. Dafür hatte Papandreou sogar erwogen, sein Amt für eine Person breiter Akzeptanz zur Verfügung zustellen. Papandreou signalisierte schließlich doch, mit den Kreditgebern zwar kein neues Sparpaket, aber doch Teile der Umsetzung besprechen zu wollen. Um die Kabinettsmitglieder daran besser zu beteiligen, wird die neue Regierung einen Ausschuss bilden, der Inhalte und Positionen vermitteln soll.

Skepsis in der Bevölkerung

Vor allem aber muss die gesamte Regierung den Eindruck der vergangenen Monate widerlegen, dass es an Planung, Überzeugung und Einheit mangelt. Mit dem „Neuanfang“ hat Papandreou von seinen 41 Kabinettsmitgliedern verlangt, „sehr hart, schnell, untereinander solidarisch und mit Kontinuität zu arbeiten“. Für weite Teile der Bevölkerung, die Abend für Abend vor dem Parlament gegen die Sparmaßnahmen und das gesamte politische System des Landes demonstrieren, sind die bekannten Namen im Kabinett allerdings kaum ein Neuanfang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2011)

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