"Rumänien wie ein neues Bundesland"

INTERVIEW. Außenminister Ungureanu über Österreichs Ängste vor rumänischem EU-Beitritt.

Die Presse: Welche Herausforderungen hat Rumänien auf dem Weg in die EU noch zu bewältigen?

Mihai-Razvan Ungureanu: Rumänien muss seine Hausaufgaben bei den Themen machen, die Olli Rehn in seinem Brief nach dem Bericht vom 25. Oktober angesprochen hat. Eine wichtige Aufgabe ist, das Land dafür bereit zu machen, künftig EU-Fonds nützen zu können. Dazu kommen Reformen in Justiz- und Sicherheitsfragen.

Die EU hat immer wieder das Problem Korruption kritisiert.

Ungureanu: Wir widmen diesem Problem sehr große Aufmerksamkeit. Bei der Justizreform haben wir vor allem jene Bereiche berücksichtigt, die entweder Korruption ermöglichten oder davon selbst zerfressen waren. Wir kümmerten uns um die Lage der Beamten, reformierten die Beziehungen zwischen Justiz und Politik und erhöhten die Kapazität der Richter und Staatsanwälte, Fälle aufzuarbeiten.

Was würde passieren, wenn die EU den Beitritt Rumäniens um ein Jahr verschiebt?

Ungureanu: Das sind Spekulationen. Wir erwarten vom EU-Bericht im Mai eine technische Beurteilung dessen, was wir erreicht haben. Eine Verschiebung des Beitritts kann aus unserer Sicht keine technischen Gründe haben.

Würde Rumänien notfalls auch ohne Bulgarien der EU beitreten?

Ungureanu: Das ist eine harte Frage. Wir haben keine Alternative. Wir haben alle unsere Energien auf einen Beitritt 2007 ausgerichtet. Das ist für uns wie ein Mantra. Ich hoffe, dass unsere bulgarischen Freunde, die Erwartungen der EU erfüllen. Wir sind im selben Paket.

Viele Österreicher stehen dem EU-Beitritt skeptisch gegenüber.

Ungureanu: Österreich ist heute der wichtigste ausländische Investor in Rumänien. Sie müssen Rumänien fast wie ein neues Bundesland sehen. Rumänien ist so wichtig für die österreichische Wirtschaft wie Blut für den Körper. Ich weiß, dass es so etwas wie eine Erweiterungsmüdigkeit gibt. Wir müssen den Bürgern klar machen, dass durch die Erweiterung ihre Chancen auf Wohlstand steigen.

Gibt oder gab es CIA-Gefängnisse in Rumänien?

Ungureanu: Mittlerweile ärgere ich mich schon über diese Frage. Es gab bei uns niemals solche Gefängnisse. Natürlich arbeiten wir mit den USA im Kampf gegen den Terror zusammen - so wie auch die EU-Staaten. Aber wir werden dabei niemals die rote Linie der Menschenrechte überschreiten.

Menschenrechtsorganisationen sehen das anders.

Ungureanu: Es hat niemals Beweise gegeben. Wir haben Human Rights Watch um konkrete Fakten gebeten. Man hat uns aber gesagt: Es gebe "substanzielle Hinweise". Das bedeutet: "Es ist nie passiert, aber wir können behaupten, dass es so war." Wir haben nie die rote Linie überschritten. Punkt.

Fühlt sich Rumänien zwischen zwei Stühlen, den USA und der EU?

Ungureanu: Wir können es uns nicht leisten, in einem Psychodrama mitzuspielen. Bei psychoanalytischen Sitzungen kommt oft die Frage: Wen liebst du mehr, Mutter oder Vater? Wir sind aber nicht in der Position zu wählen. Offene Beziehungen zu den USA sind wichtig für uns - alleine wegen unserer strategischen Interessen in der Schwarzmeer-Region.

Und Europa?

Ungureanu: Auch für die EU werden Transnistrien, Moldowa und die ungelösten Konflikte in der Schwarzmeerregion noch ein wichtiges Thema werden. Dazu kommen alternative Routen für Energie - gerade nach der kalten Dusche durch die Russen im Dezember. Die Öl- und Gasleitungen werden in Zukunft über die Schwarzmeerregion, Bulgarien und Rumänien in den Westen verlaufen. Diese Alternative kann aber erst funktionieren, wenn die Sicherheitslage in der Schwarzmeerregion beständig ist. Dafür muss sich auch die EU engagieren.

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