USA halten Millionen-Militärhilfe für Pakistan zurück

(c) AP (Anjum Naveed)
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Islamabad unternimmt nach Ansicht der USA zu wenig gegen militante islamistische Gruppen. Dies soll nun Konsequenzen haben. Washington behält nun einen Anteil von 800 Mio. Dollar Militärhilfe ein.

Washington.Seit Monaten schon gärt es in Washington. Zunächst haben führende US-Außenpolitiker ihren Unmut über Pakistan nur hinter vorgehaltener Hand geäußert. Nach der Tötung Osama bin Ladens brach die Debatte aber ganz offen und auf allen Ebenen aus, die Entrüstung über die mangelnde Kooperation im Anti-Terror-Kampf und über das mutmaßlich doppelte Spiel der pakistanischen Armee erfasste sowohl Demokraten wie Republikaner.

Nur das Weiße Haus reagierte zumindest nach außen hin bedächtig-diplomatisch. Hinter den Kulissen entsandte es indes John Kerry, den Vorsitzenden des auswärtigen Ausschusses des Senats, der der Regierung in Islamabad klarzumachen sollte, wie schlecht es um die Beziehungen bestellt ist.

800 Mio. Dollar einbehalten

Jetzt ist Washington endgültig der Geduldsfaden gerissen. Laut Informationen der „New York Times" machten die USA ihre Drohungen wahr und behalten einen Anteil von 800 Millionen Dollar der Militärhilfe ein, die sich jährlich auf insgesamt zwei Milliarden Dollar beläuft. Die Lieferung von F-16-Kampfjets und Zivilhilfe sind nicht betroffen. Doch die Maßnahme ist ein Knalleffekt, der Islamabad zum Umdenken zwingen soll.

Jüngster Anlass ist die Ausweisung von mehr als 100 US-Ausbildnern, die die pakistanische Armee mit neuer Waffentechnologie vertraut machen und die Soldaten im Anti-Terror-Krieg unterweisen sollten. Pakistan hat ihnen die Erteilung von Visa verweigert.

Es ist der vorläufige Höhepunkt in der Krise der bilateralen Beziehungen, die sich seit Beginn des Jahres, seit der Verhaftung eines CIA-Agenten rapide verschlechtert haben. Erst jüngst beschuldigte Generalstabschef Mike Mullen Pakistan des Mords an einem kritischen pakistanischen Journalisten. Das US-pakistanische Verhältnis war seit Machtübernahme des Armeechefs Pervez Musharraf und erst recht seit dem Afghanistan-Krieg 2001 von einem heiklen Balanceakt geprägt.

USA auf Pakistan angewiesen

Pakistan ist ein schwieriger Verbündeter. Einerseits sind die USA allein schon aus logistischen Gründen auf die Unterstützung Pakistans angewiesen. Über Pakistan läuft der Nachschub nach Afghanistan. Zudem leiste die pakistanische Armee einen eminenten Beitrag im Kampf gegen die Taliban und die al-Qaida, wie das Pentagon betont. Der jüngst aus dem geschiedene Verteidigungsminister Robert Gates warnte davor, Pakistan fallenzulassen. Als Alliierter seien die USA besser in der Lage, die Nuklearmacht Pakistan zu überwachen. Um sicherzustellen, dass Nuklearmaterial nicht in die Hände von Terroristen fällt, sei eine US-Präsenz unerlässlich.

Indessen sind auch die Verbindungen des pakistanischen Geheimdienstes ISI zu militanten Gruppen aktenkundig. Der ISI ist seit langem als Mentor islamistischer Terrorgruppen suspekt, um so den Erzrivalen Indien in Schach zu halten. Erst jüngst wies der CIA dank eines erbeuteten Handys eines Bin-Laden-Helfers eine direkte Verbindung zu der vom ISI geförderten Gruppierung Harakat nach, die dem Terrorpaten offensichtlich zur Hand gegangen ist.

Das Versteck des Terrorführers in Abbottabad, „Pakistans West Point" - der Militärakademie des Landes -, umgeben von Kasernen und aktiven und pensionierten Militärs, erregte den Zorn der US-Politiker. Es war kaum vorstellbar, dass sich der Terrorpate in seinem Anwesen ganz ohne Wissen zumindest von Teilen des pakistanischen Militärs aufgehalten hat.

Das US-Vertrauen in Pakistan ist auf ein Minimum geschrumpft. Washington hat Islamabad darum auch nicht in die Kommandoaktion gegen bin Laden eingeweiht. Längst schon forciert die US-Armee den Einsatz von Drohnen auf pakistanischem Territorium.

Auf einen Blick

Die USA unterstützen Pakistans Militär jährlich offiziell mit rund zwei Milliarden Dollar. Damit soll die pakistanische Armee im Kampf gegen militante Islamisten unterstützt werden. Doch Teile von Armee und Geheimdienst halten ihre schützende Hand über genau diese militanten Gruppen. Dies wurde einmal mehr durch die Tötung von al-Qaida-Chef Osama bin Laden durch ein US-Spezialkommando in einer pakistanischen Garnisonstadt offensichtlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.07.2011)

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