Staat profitiert von Griechen-Krise

Österreichischer Staat profitiert von der Krise der Griechen
Österreichischer Staat profitiert von der Krise der Griechen(c) APA (Robert Jaeger)
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Wegen der Schuldenkrise sind die Kurse österreichischer Staatsanleihen gestiegen. Dadurch erspart sich der Fiskus jährlich Zinszahlungen in dreistelliger Millionenhöhe.

[Wien] Anleihen südeuropäischer Schuldnerländer wie Griechenland und Portugal gelten als Ladenhüter. Davon profitieren Deutschland und Österreich, deren Staatspapiere als besonders sicher gelten. Daher braucht die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBfA), die für das Schuldenmanagement des Staates zuständig ist, bei der Geldaufnahme deutlich weniger Zinsen zahlen als vor Ausbruch der Schuldenkrise.

So sind die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen seit April 2011 von 3,8 Prozent auf 3,3 Prozent gesunken. ÖBfA-Geschäftsführerin Martha Oberndorfer begründet dies mit der „Flucht in die Qualität“. Denn Österreich gehört zu jenen Ländern im Euroraum, die über ein erstklassiges Rating verfügen.

Für heuer hat die Staatsagentur bereits drei Viertel ihres Finanzierungsvolumens abgearbeitet. In Summe sollen 2011 Anleihen im Umfang von 16 bis 19 Milliarden Euro emittiert werden. Inklusive anderer Finanzierungselemente kommt man auf 22 bis 25 Milliarden Euro. Laut Oberndorfer profitiert Österreich derzeit „von einer extrem starken Nachfrage nach kurz laufenden Papieren wie Schatzscheinen“.

Der Hintergrund: Der Staat benötigt neben den langfristigen Anleihen auch immer wieder kurzfristige Mittel vom Geldmarkt. Pro Tag nimmt die Agentur zwischen 100 bis 500 Millionen Euro auf. Damit werden kurzfristige Lücken, die durch den Steuerzyklus entstehen, überbrückt.

Griechen-Krise seit Herbst 2009

Laut Berechnungen von Bank-Austria-Chefvolkswirt Stefan Bruckbauer, die er für die „Presse“ angestellt hat, erspart sich die Republik im Vergleich zu früheren Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag. Eskaliert ist die Griechenland-Krise im Herbst 2009. In den zwei Jahren davor lagen die Renditen für österreichische Staatsanleihen bei 4,1 Prozent. Seitdem ist dieser Wert auf 3,3 Prozent gesunken. Dies entspricht einer Zinsdifferenz von rund 80 Basispunkten. „Rechnet man diesen Vorteil auf die seither begebenen österreichischen Anleihen um, ergab sich 2010 ein Zinsvorteil von rund 200 Millionen Euro“, erklärt Bruckbauer. Diesen Vorteil habe man natürlich jedes Jahr, solange die Anleihen laufen – also auch heuer.

Gesamtersparnis: 3,4 Milliarden Euro

Da die Republik seit Anfang 2011 wieder neue Anleihen emittiert hat, kommt Bruckbauer zusätzlich auf eine Ersparnis von bislang 100 Millionen Euro. Damit summiert sich seit Ausbruch der Griechenland-Krise der Vorteil auf 300 Millionen Euro.

Viele Staatspapiere haben eine lange Laufzeit, besonders beliebt sind die zehnjährigen. „Hochgerechnet auf die gesamte Laufzeit aller Anleihen, die seit Herbst 2009 begeben wurden, erspart sich Österreich rund 3,4 Milliarden Euro“, sagt Bruckbauer. Das ist deutlich mehr, als Österreich bislang an Geld nach Athen überwiesen hat.

Nachgefragt werden aktuell auch Staatspapiere aus Finnland und den Niederlanden. Doch der größte Profiteur ist Deutschland: Die Renditen für zehnjährige deutsche Bundesanleihen liegen bei 2,7 Prozent. Vergleichbare Papiere aus Österreich sind um 0,6 Prozentpunkte teurer.

Italien: Senat bewilligt Sparpaket

Verschlimmert hat sich dagegen die Situation für Italien. Bei einer Auktion am Donnerstag musste das Land den Investoren für Papiere mit einer Laufzeit von 15 Jahren eine Rendite von 5,9 Prozent bieten; bei fünfjährigen Anleihen waren es 4,9 Prozent. Zum Vergleich: Bei einer vergleichbaren Auktion im Juni lag die Rendite für fünfjährige Anleihen bei 3,9 Prozent.

Seitdem ist das Land in Kritik geraten. Anleger zweifeln an der Zahlungsfähigkeit des südeuropäischen Landes. Um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, stockte nun Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti die Sparpläne bis 2014 von 47 auf 70 Milliarden Euro auf. Am Donnerstag gewann die Berlusconi-Regierung im Senat die Vertrauensabstimmung über das Sparpaket.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15. Juli 2011)

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