Insel-Massaker: Hat die Polizei versagt?

Attentaeter hatte noch grosse
Attentaeter hatte noch grosse(c) REUTERS (SCANPIX NORWAY)
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Zuerst fand die Polizei keinen Hubschrauber, dann kein Boot für die Überfuhr: Anders Behring Breivik konnte eine Stunde lang ungestört töten. Polizeichef Gjengedal sagt trotzdem: "Wir waren schnell da."

Wie konnte es sein, dass der Attentäter für sein Massaker eine Stunde Zeit hatte? 60 Minuten des ungestörten Tötens? Nach der Sprachlosigkeit, dem Schock über das abscheuliche Verbrechen an Teilnehmern eines Ferienlagers der Sozialdemokraten auf der norwegischen Insel Utöya drängt sich diese Frage immer mehr auf.

Dahinter verbirgt sich nämlich eine andere Frage: Würden einige der mindestens 93 Todesopfer noch leben, wenn die Polizei nicht eine Stunde vom 45 Kilometer entfernten Oslo auf die Insel Utöya gebraucht hätte?

Polizei wehrt sich

Die Polizei wehrt sich gegen Vorwürfe, versagt zu haben und schildert immer detaillierter, warum die Sondereinheit "Delta" 60 Minuten brauchte, um auf die Insel zu gelangen, "dem Paradies für Jugendliche", das in dieser einen Stunde zur "Hölle" wurde, wie es Premier Jens Stoltenberg ausdrückt.

Freitag, 17.27 Uhr: Die Anti-Terror-Einheit "Delta" ist am Anschlagsort im Regierungsviertel von Oslo, als am Polizeiposten in Hönefuss die erste Meldung von Schüssen auf der Insel Utöya eingeht. Trotz der Bombenexplosion wird die Einheit sofort zur Insel beordert, sagt der Osloer Polizeichef Anstein Gjengedal Montagfrüh in einem TV-Interview.

Die Beamte machen sich mit dem Auto auf den Weg statt mit dem Hubschrauber. Eine richtige Entscheidung? "Es war das Schnellste", befindet der Polizeichef. Denn die  Mannschaft des einzigen Überwachungshubschraubers ist zum Anschlagszeitpunkt im Urlaub, der einzige verfügbare Hubschrauber des Militärs seht außerhalb Oslos.

Polizei hat keinen Hubschrauber

Die lange Anfahrtsdauer ist also offenbar auch einem Ressourcen-Mangel geschuldet. "Wir haben mehrere Jahre lang um einen eigenen Transporthubschrauber gebeten, aber ohne Erfolg", sagt der Osloer Polizeichef.

Während die "Delta"-Einheit Freitagnachmittag noch zum Einsatzort rast, erreichen Beamten der Polizeiinspektion Hönefoss 25 Minuten nach der ersten Meldung den Bootssteg zur Überfahrt auf die Insel. Das angeordnete Polizeischiff erweist sich aber als ungeeignet für den Transport. Das Boot läuft über, der Motor fällt aus. Es dauert, bis Ersatz kommt. Um 18.09 Uhr, 42 Minuten nach der ersten Meldung über die Schüsse auf der Insel, erreicht auch die Sondereinheit "Delta"  den Anleger.

16 Minuten braucht die Sondereinheit bis zur Insel. Zwei Minuten danach lässt sich der Amokschütze Anders Behring Breivik widerstandslos festnehmen. "Wir waren schnell da", sagt der Polizeichef.

(c) APA

(Ag./jst)

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