Breivik: "Er ist vollkommen böse, aber zurechnungsfähig"

Breivik vollkommen boese aber
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Die norwegische Geheimdienstchefin hält den Attentäter für "konzentriert und berechnend". Während in Oslo die Angst vor einem neuen Terroranschlag umgeht, sitzt der 32-Jährige in einer Sieben-Quadratmeter-Zelle ein.

Der norwegische Geheimdienst PST ist sich sicher: Anders Behring Breivik hat Norwegen ohne fremde Hilfe die schlimmste Katastrophe seit Ende des Zweiten Weltkrieges zugefügt. "Er hat allein gehandelt", erklärte PST-Chefin Janne Kristiansen in einem BBC-Interview. Sie glaubt auch nicht an Breiviks Aussagen, wonach er mit weiteren Zellen im In- und Ausland in Kontakt stand: "Dafür gibt es keine Beweise und das ist auch unwahrscheinlich." Breivik sei ein "einsamer Wolf, der unter alle unserer Radarsysteme schlüpfen konnte", soll Kristiansen nach Angaben norwegischer Zeitungen gesagt haben.

In dem BBC-Interview bezeichnete Kristiansen Attentäter Breivik als "vollkommen böse". Anders als Breiviks Anwalt hält sie den Attentäter aber für einen "zurechnungsfähigen Menschen". Er sei konzentriert und berechnend. Breiviks Anwalt glaubt dagegen, sein Mandat sei verrückt. Der 32-Jährige soll deshalb von Rechtspsychologen auf seine geistige Gesundheit untersucht werden.

Mit erhobenen Armen ergeben

Breivik verübte am vergangenen Freitag einen Bombenanschlag in Oslo und danach ein Massaker an Jugendlichen auf der 40 Kilometer entfernten Ferieninsel Utöya. Wie am Mittwoch mitgeteilt wurde, hat sich der 32-Jährige sofort nach Eintfeffen der Polizei ergeben. Er soll die Beamten mit erhobenen Armen empfangen haben. Seine Waffen lagen 15 Meter hinter ihm. Bis dahin hatte Breivik aber in fast eineinhalb Stunden 68 Jugendlichen hingerichtet. Die Explosion in Oslo riss acht Menschen in den Tod.

Isolationshaft in Sieben-Qadratmeter-Zelle

Mittlerweile sitzt Breivik westlich von Oslo in der Haftanstalt Ila ein. Wie berichtet, wurde über Breivik eine achtwöchige Untersuchungshaft verhängt. Die ersten vier Wochen muss er dabei in fast vollständiger Isolation verbringen. "Er wird nur Sicherheitswachen, eine Krankenschwester, einen Priester und seinen Anwalt zu Gesicht bekommen", erklärte Gefängnisdirektor Knut Bjarkeid am Mittwoch der Zeitung "Verdens Gang". Breiviks Zelle ist sieben Quadratmeter groß und spartanisch eingerichtet: Es gibt eine Toilette, einen Sessel, einen Tisch und ein Bett. Die Zelle des 32-Jährigen wird rund um die Uhr bewacht, um einen Selbstmord auszuschließen.

Angst vor neuen Terror-Anschlägen

In Oslo geht unterdessen die Angst vor neuen Terror-Angriffen um. "Wir dürfen nicht naiv reagieren", sagte Premier Jens Stoltenberg am Tag des Doppel-Anschlags, der für die Behörden aus dem Nichts kam. Die Polizei ist seither in erhöhter Alarmbereitschaft - und geht jedem noch so kleinen Hinweis nach. Am Mittwochvormittag, fünf Tage nach den Anschlägen, wurde der Hauptbahnhof evakuiert. Wegen eines herrenlosen Koffers in einem Bus vor dem Bahnhof. Falscher Alarm.

Polizei fahndet nach Breivik-"Verehrer"

Die norwegische Polizei fahndete unterdessen nach einem am Montag aus dem Gefängnis entlassenen Mann. Er gilt als psychisch instabil und gefährlich. Ist er auch ein "Breivik-Verehrer" und möglicher Nachahmungstäter? Zumindest der Fernsehsender NRK berichtete das am Mittwoch. Später erklärte aber ein Polizeisprecher, es gebe keine direkte Verbindung zwischen den beiden. Der Gesuchte soll trotzdem festgenommen und von einem Arzt untersucht werden. Er musste wegen eines Angriffs auf eine Polizeistation einsitzen.

Attentäter trainierte in Schützenclub

Am Mittwoch wurde auch bekannt, dass Attentäter Breivik für das Massaker in einem norwegischen Schützenclub trainierte. Der Osloer Pistolenclub teilte auf seiner Internetseite mit, dass Breivik von 2005 bis 2007 und erneut ab Juni 2010 Mitglied gewesen sei und "an dreizehn organisierten Trainingseinheiten mit anderen sowie einem Wettbewerb teilgenommen" hat. Breivik habe sich aber "weder politisch bemerkbar gemacht noch in anderer Weise irgendwelche Verhaltensweisen als Vorwarnung für die zutiefst tragischen Ereignisse an den Tag gelegt", heißt es in der Erklärung. Nach den Anschlägen habe man ihn "mit sofortiger Wirkung" ausgeschlossen.

Polizei durchsucht Farm des Attentärs
Polizei durchsucht Farm des Attentärs(c) Reuters (Cathal McNaughton)

Norwegens Polizei hatte am Dienstagabend auf dem Bauernhof des Attentäters weiteren Sprengstoff gefunden und kontrolliert zur Explosion gebracht. Die Farm liegt rund 160 Kilometer nördlich von Oslo und war von Breivik angemietet worden.

(Ag./jst)

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