Saif Gaddafis Waffenliebe: Auch illegale Lieferungen nach Libyen?

(c) REUTERS (CHRIS HELGREN)
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Gaddafi-Sohn Saif soll Waffen verschoben haben, sagt ein Exmitarbeiter. Österreichische Behörden sollen bestochen worden sein. In Österreich pflegte Saif al-Islam das Bild des Lebemanns und Künstlers.

Wien. Nicht immer hat Saif al-Islam so martialisch geklungen wie dieser Tage. Selbst wenn sich die Nato aus Libyen zurückziehe, erklärte Muammar al-Gaddafis Sohn Montagabend im libyschen TV, gehe „der Kampf weiter, bis das ganze Land befreit ist“. Saif, der unbeugsame Regimetreue? In seiner Wiener Zeit – der Gaddafi-Spross studierte ab 1998 an der Privat-Uni Imadec und war bis zum libyschen Aufstand regelmäßig in Österreich – pflegte er eher das Bild des Lebemanns und Künstlers.

Doch auch in Österreich ging es womöglich martialischer zu als bisher gedacht. Dabei entsprach Saif al-Islam (übersetzt: „Schwert des Islam“) zwar nicht ganz seinem Namen – er begeisterte sich lieber für moderne Feuerwaffen: Von der Firma Steyr ließ er sich ein Jagdgewehr mit seinen Initialen anfertigen. Auch soll Saif laut dem Abgeordneten der Grünen, Peter Pilz, mehrmals in Kärnten zur Jagd gewesen sein – unter anderem bei dem Waffenlobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly.

Möglicherweise stand mehr als nur persönliche Begeisterung hinter dem Kontakt. Saif al-Gaddafi, so gab ein ehemaliger Mitarbeiter der libyschen Botschaft in Wien Pilz zu Protokoll, soll in den 90ern illegal Waffen über Jugoslawien und Saudiarabien nach Libyen verschoben haben. Es habe sich um zwei Lieferungen, 300 bzw. 800 Gewehre, gehandelt. Laut dem Informanten hat hier Mensdorff-Pouilly ebenfalls mitgemischt.

Bewaffnet ohne Genehmigung

Ein weiteres Detail: Bei seinen Besuchen in Österreich war der Gaddafi-Spross stets von bewaffneten Leibwächtern umgeben. Auf dem Flughafen sei es deshalb immer wieder zu „Problemen“ gekommen. Ein Waffenpass, der das Tragen von Waffen an öffentlichen Orten erlaubt, wurde von der Bundespolizeidirektion Wien allerdings nur für zwei Botschaftsmitarbeiter von Februar 1990 bis Februar 1992 ausgestellt, wie eine parlamentarische Anfrage der Grünen ergab. Gaddafis Leibwächter hätten ihre Pistolen also gar nicht mehr in der Öffentlichkeit tragen dürfen. „Theoretisch nicht“, wie Polizeisprecherin Manuela Vockner der „Presse“ sagt. Warum sie es offenbar dennoch tun konnten, kann Vockner „nicht beantworten“. Der Vorwurf des Exmitarbeiters: Die Polizei habe „Taschengeld“ für ihr Wegsehen angenommen. Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, bezeichnete die Anschuldigungen als „massiv“. Die zuständigen Behörden würden ermitteln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2011)

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