Türkei: Verwirrung um angebliche Festnahme von PKK-Chef

(c) AP (YAHYA AHMED)
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Noch ist unklar, ob der Iran tatsächlich wie behauptet den Militärchef der kurdischen Untergrundorganisation verhaftet hat. Den Rebellen haben die Gerüchte jedenfalls bereits eine Art Propagandaerfolg beschert.

Istanbul. Es wäre ein Paukenschlag: Am Samstag hatte der staatliche türkische Nachrichtensender TRT Haber ohne Quellenangabe gemeldet, iranische Sicherheitskräfte hätten den PKK-Führer Murat Karayilan am Berg Kandil im Nordirak, wo sich sein Hauptquartier befindet, festgenommen. Die Nachricht wurde von PKK-nahen Kreisen alsbald dementiert. Doch am Sonntag erklärte der Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik des iranischen Parlaments, Alaeddin Borujerdi, die Nachricht stimme. „Iranische Geheimdienstkräfte haben die Nummer zwei der Gruppe festgenommen.“

Nach dieser Aussage war Borujerdi für Journalisten nicht mehr zu erreichen. Auch ein Anruf des türkischen Außenministers Ahmet Davutoğlu bei seinem iranischen Kollegen Ali Akbar Salehi erbrachte keine Bestätigung. Es fiel auch auf, dass Borujerdi zwar die Richtigkeit der Meldung bestätigte, aber weder den Namen des gefassten nannte, noch seine Organisation genau bezeichnete.

Mittlerweile gibt es Spekulationen in türkischen Medien, es könne sich bei dem Festgenommenen um einen Gebietskommandanten der im Iran aktiven kurdischen PJAK handeln, der Murat Karasac heißen soll. Die Partei für ein freies Leben in Kurdistan, PJAK, ist ein Ableger der PKK im Iran. Zurzeit führen iranische Streitkräfte eine Offensive gegen die PJAK durch.

Derweil hat der PKK-nahe Fernsehsender Roj TV ein Interview mit Karayilan anlässlich des 27. Jahrestages der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK gegen die Türkei ausgestrahlt. Wann es geführt wurde, ist aber unklar.

Murat Karayilan hatte wohl selten so viel Aufmerksamkeit. Der 57-jährige gelernte Maschinenbauer gehörte zu den ersten Gefolgsleuten des PKK-Gründers Abdullah Öcalan. Nach dessen Festnahme 1999 in Kenia wurde Karayilan so etwas wie sein Stellvertreter – seine Festnahme wäre ein schwerer Schlag für die PKK.

Nachdem Hoffnungen auf eine friedliche Lösung sich vorerst als Illusion erwiesen haben, versucht die PKK derzeit erneut, mit Gewaltaktionen auf sich aufmerksam zu machen. Eine Gaspipeline zwischen dem Iran und der Türkei wurde vergangene Woche erst auf der iranischen und dann auf der türkischen Seite der Grenze gesprengt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2011)

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