Kampf um Tripolis: "Ratten wurden zurückgeschlagen"

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Kampf um Tripolis: "Ratten wurden zurückgeschlagen"Symbolbild: Gaddafi-Gegnerin in Tunesien (c) EPA (Stringer)
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Die lybischen Rebellen haben Teile der Hauptstadt erobert. Es soll dutzende Tote geben. Diktator Muammar al-Gaddafi wehrt sich im TV mit Propaganda und Mobilisierungsversuchen.

Die libyschen Rebellen haben nach eigener Darstellung bei blutigen Kämpfen Teile der Hauptstadt Tripolis unter ihre Kontrolle gebracht. Sie belagerten am Sonntag den Gebäudekomplex von Machthaber Muammar al-Gaddafi. Die Aufständischen erklärten, "die Stunde Null hat begonnen."

Die kommenden Stunden würden entscheidend sein. Die Regierung und Gaddafi selbst wiesen dies zurück. Die Kämpfe in Tripolis dauerten am Vormittag an.

"Unser Führer ist Gaddafi"

Der Sprecher der Regierung von Gaddafi, Moussa Ibrahim, sprach im Staatsfernsehen von "kleinen Auseinandersetzungen" mit versprengten Gruppen in mehreren Vierteln der Hauptstadt. Die Kämpfe hätten nur etwa eine halbe Stunde gedauert. "Mittlerweile ist die Situation wieder unter Kontrolle", der Angriff sei niedergeschlagen worden. "Unser Führer ist Gaddafi". Es habe Festnahmen gegeben, darunter seien auch Staatsbürger aus Algerien, Tunesien und Ägypten gewesen.

In einer im Staatsfernsehen verbreiteten Ansprache gratulierte Gaddafi seinen Unterstützern. Sie hätten einen Angriff "der Verräter und Ratten" zurückgeschlagen. Diese würden eliminiert werden. Er beschuldigte sie, Libyen zerstören zu wollen. "Ihr müsst zu Millionen marschieren, um die zerstörten Städte zu befreien", rief er seinen Anhängern zu. Gaddafi betonte, dass die Rede nicht aufgezeichnet war, sondern live gehalten wurde und nannte als Beweis dafür das aktuelle Datum und die Uhrzeit.

Zudem bezichtigte Gaddafi europäische Länder, hinter dem libyschen Öl her zu sein. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy "will unser Öl", sagte Gaddafi. Das Staatsfernsehen zeigte während der Rede ein Video von einer kleinen Gruppe von Anhängern des Diktators, die Gaddafi hochleben ließen und Bilder von ihm küssten. Gaddafi-Sohn Saif al-Islam erklärte in einer aufgezeichneten Rede, die am Sonntag früh vom libyschen Fernsehen verbreitet wurde, sie würden nicht aufgeben.

Dutzende Gaddafi-Soldaten gefangen genommen
Wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete, waren seit dem Beginn des Fastenbrechens am Samstagabend in der Stadt Explosionen sowie Gefechtslärm aus leichten und schweren Waffen zu hören. Der arabische Fernsehsender Al-Arabija berichtete, die Aufständischen hätten Dutzende von Soldaten Gaddafis gefangen genommen. Ein Mitglied des nationalen Übergangsrats der Aufständischen sagte dem Nachrichtensender Al-Jazeera: "Die Rebellen in Tripolis haben sich erhoben." In der Rebellenhochburg Bengasi im Osten Libyens wurden die Nachrichten aus der Hauptstadt gefeiert.

Allein bei den Gefechten im Stadtviertel Tajourah sind nach Angaben eines Rebellenführers laut Al-Jazeera mindestens 123 Aufständische ums Leben gekommen. In anderen Teilen von Tripolis soll es auch Tote gegeben haben. Ihre Zahl war zunächst nicht bekannt. Neben Tajourah kontrollierten die Regimegegner nach eigenen Angaben auch das Viertel Souk al-Jumaa. Die Rebellen kämpften gegen Gaddafis Soldaten, die die Mitaga Luftwaffenbasis in Tripolis verteidigten.

"Geheime Zellen" in Tripolis

Der Übergangsrat der Rebellen hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, für die Eroberung von Tripolis setzte man auf den "Kollaps des Regimes" und die Unterstützung durch "geheime Zellen" von Sympathisanten in Tripolis. In den vergangenen Tagen hatten die Rebellen auf ihrem Vormarsch nach Tripolis große Geländegewinne erzielt.  Im Osten stehen ihre Truppen rund vierzig Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Auch die Ölstadt Brega ist unter ihrer Kontrolle.

Das Ende der Herrschaft von Gaddafi stehe unmittelbar bevor. "Wir haben Kontakte zum engsten Kreis um Oberst Gaddafi", sagte der Präsident des Übergangsrats Mustafa Abdul Jalil am Samstag in Bengasi. "Alles deutet darauf hin, dass das Ende sehr nahe ist." Er gehe von einem "katastrophalen Ende" für Gaddafi und sein Umfeld aus. "Wenn Gaddafi die Macht abgeben will, dann wollen wir, dass er das selber ankündigt", sagte Jalil. "Wir glauben aber, das er das nicht tun wird."

Tunesien hat unterdessen den Übergangsrat der Rebellen im Nachbarland Libyen nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur TAP als einzige legitime Vertretung der libyschen Bevölkerung anerkannt. TAP vermeldete den Entscheid am Samstag unter Berufung auf das Außenministerium in Tunis. Bisher hatte sich Tunesien in dem seit Monaten andauern Konflikt neutral verhalten.

Frankreich und Italien gehörten zu den ersten Staaten, die den Übergangsrat der Aufständischen als legitime Vertreter Libyens bezeichnet hatten. Nach und nach folgten weitere Staaten, Österreich erkannte den Übergangsrat im Juni an. Zugleich wurde im Wiener Außenministerium aber betont, dass Österreich Staaten anerkenne, nicht Regierungen.

(Ag.)

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