Israel: Raketen gefährden Waffenruhe mit Hamas

(c) AP (Hatem Moussa)
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Radikalislamische Gruppen aus dem Gazastreifen sollten den Raketenbeschuss auf Israel aussetzen. Zwei Geschosse schlugen dennoch ein. Im Gegenzug sieht Netanjahu von einer Bodenoffensive im Gazastreifen ab.

Gaza/Tel aviv/Wien/Ag./Som. Zwölf Raketen aus Gaza schlugen bis Montagfrüh noch auf israelischem Territorium ein. Dann erst herrschte auf beiden Seiten der Grenze angespannte Ruhe – der zeitweilige Waffenstillstand war in Kraft getreten. Mit ein paar Stunden Verspätung: Die radikalislamische Hamas hatte die Waffenruhe eigentlich bereits für Sonntagabend angekündigt. Diese ist bereits am Montagabend durch zwei weitere Raketen auf Israel gefährdet worden. Damit hätten die islamischen Extremisten eine frühere Zusage gebrochen, dass sie vorerst keine ihrer selbst gebauten Raketen mehr auf Südisrael abfeuern würden, teilte das israelische Militär mit. Die beiden weiteren Geschoße schlugen etwa 14 Kilometer südlich der Stadt Ashkelon ein. Es habe weder Opfer noch Gebäudeschäden gegeben, aber ein Feld sei in Brand gesetzt worden.

Abgesehen von diesem Zwischenfall haben die Islamisten im Gazastreifen nach Angaben der Hamas tatsächlich eine „indirekte und informelle“ Vereinbarung mit den Israelis über eine Waffenruhe erzielt, wie gestern der de facto Vizeaußenminister der Hamas, Gazi Hamad, sagte. Laut Angaben der israelischen Tageszeitung „Haaretz“ wurde dies mittels ägyptischer Vermittlung erreicht.

„Vorübergehend gestoppt“

Die Hamas will die Waffenruhe auch bei anderen Palästinenser-Organisationen durchsetzen – jenen Gruppierungen, die für die meisten der jüngsten Raketenangriffe auf Israel verantwortlich gemacht werden. Die palästinensischen Volkswiderstandskomitees (PRC) im Gazastreifen erklärte sich zur Einhaltung bereit. „Zum Wohle des palästinensischen Volkes werden wir vorübergehend den Raketenbeschuss stoppen“, erklärte die militante Gruppe am Montag auf ihrer Webseite. Gespräche über einen „dauerhaften Waffenstillstand“ mit Israel seien jedoch unmöglich, solange Israel palästinensische Gebiete besetze. Die Gruppe soll hinter der Anschlagsserie im Süden Israels in der vergangenen Woche stecken, bei der acht Israelis getötet wurden. Bei der Verfolgung der Täter wurden fünf ägyptische Polizisten erschossen, was zu weiteren Spannungen mit Israels Nachbar führte.

Die israelische Luftwaffe hatte kurz nach Mitternacht ihren bisher letzten Angriff gegen den Gazastreifen geflogen; die vorerst letzte Rakete aus dem Gebiet am Mittelmeer war am frühen Morgen in Israel eingeschlagen. Dabei hatte es keine Opfer gegeben. Seit Beginn der Gewalt starben bei den Anschlägen vom vergangenen Donnerstag und durch den Raketenbeschuss insgesamt neun Israelis; Dutzende wurden verletzt. Auf palästinensischer Seite wurden mindestens 15 Menschen getötet, darunter drei Kinder, und etwa 50 verletzt.

Beruft Kairo Botschafter ab?

Nach der von den Palästinensern verkündeten Waffenruhe sieht Israel von einer Bodenoffensive im Gazastreifen ab. Diese Entscheidung habe das von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einberufene Sicherheitskabinett in der Nacht getroffen, berichtete das israelische Militärradio am Montag. Israel befürchte, mit einer Offensive Massendemonstrationen in Ägypten zu provozieren, die die Stabilität der Übergangsregierung in Kairo gefährden könnten.

Politischen Unmut über den Nachbarn gibt es in Kairo derzeit sowieso mehr als genug. Gestern diskutierte das ägyptische Kabinett mögliche Maßnahmen nach dem Tod der fünf Sicherheitskräfte. Ob die angedrohte Abberufung des ägyptischen Botschafters in Tel Aviv, Yasser Reda, in die Tat umgesetzt wird, war zunächst unklar. Israel hatte sich bei Ägypten für die Todesfälle entschuldigt – Politikern wie Amr Moussa, dem früheren Chef der Arabischen Liga und Präsidentschaftskandidat, geht das aber nicht weit genug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2011)

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