Der türkische Premier droht Israel, künftig Hilfsschiffe durch Kriegsschiffe begleiten zu lassen. Der Landwirtschaftsminister rief zum Boykott von israelischem Saatgut auf. Netanjahu versucht zu beruhigen.
[ISTANBUL/REUTERS/AFP/APA] Im diplomatischen Streit zwischen der Türkei und Israel setzt Ankara weiter auf Härte. In Zukunft könnten Hilfsschiffe für den Gazastreifen von türkischen Kriegsschiffen eskortiert werden, drohte am Donnerstag der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan im arabischen Fernsehsender al-Jazeera. Das ist eine direkte Warnung an Israel, das vor einem Jahr das Hilfsschiff Mavi Marmara gestoppt hatte. Die Aktivisten auf dem Schiff hatten damals versucht, die Blockade des palästinensischen Gazastreifens zu durchbrechen.
Bei der Erstürmung der Mavi Marmara durch israelische Kommandosoldaten starben neun türkische Staatsbürger. Ankara verlangt deshalb eine offizielle Entschuldigung Israels. Die Regierung in Jerusalem lehnt das ab. Die Türkei hat deshalb vergangenen Freitag den israelischen Botschafter ausgewiesen und alle Militärabkommen mit Israel auf Eis gelegt. Am Donnerstag rief der türkische Landwirtschaftsminister Mehdi Eker laut Nachrichtensender NTV zudem die türkischen Bauern dazu auf, kein Saatgut mehr in Israel zu kaufen.
„Israel will gute Beziehungen"
Auch wenn er weiterhin nichts von einer offiziellen Entschuldigung wissen will, versuchte Israels Premier Benjamin Netanjahu nun, zu kalmieren: „Wir respektieren die türkischen Menschen und deren Vermächtnis. Wir wollen, dass sich die Beziehungen verbessern." Die jüngsten Spannungen seien nicht die Wahl Israels gewesen.
Vergangene Woche veröffentlichte die UNO ihren Untersuchungsbericht zur Erstürmung der Mavi Marmara. Darin wird die Seeblockade des Gazastreifens durch Israel als legitim bezeichnet. Dem israelischen Einsatzkommando auf dem Schiff wird aber übertriebener Einsatz von Gewalt vorgeworfen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2011)