Der saudische Botschafter sollte nach US-Angaben durch ein Bombenattentat getötet werden. Die USA wollen den Iran zur Verantwortung ziehen. Waren auch israelische Botschaften ein Anschlagsziel?
WASHINGTON. Der Plot lese sich wie ein Hollywood-Drehbuch, erklärte FBI-Chef Robert Mueller, als er Dienstagnachmittag einen Attentatsplan gegen Saudi-Arabiens US-Botschafter enthüllte. Iranische Revolutionsgarden, die um 1,5 Mio. Dollar Gangster mexikanischer Drogenkartelle anheuern, um einen hochrangigen Diplomaten in der US-Hauptstadt umzubringen; verdeckte Ermittler, die den Plan aufdecken; und ein Verschwörer, den das FBI am John F. Kennedy-Airport in New York hochgehen lässt: Das ist der Stoff, aus dem Agentenkrimis gestrickt sind.
Manssor Arbab Arbabsiar, ein US-Staatsbürger iranischer Herkunft, ging den US-Behörden bereits Ende September am JFK-Flughafen in New York ins Netz; der zweite Mitverschwörer, Gholam Shakuri, dürfte sich im Iran aufhalten. Beide gehören nach US-Informationen der al-Quds-Einheit ein, einem Spezialkommando der Revolutionsgarden – dem militärischen Rückgrat des Mullah-Regimes in Teheran. Gegen die Verdächtigen wurde Anklage erhoben, am Dienstagnachmittag wurde Manssor Arbab Arbabsia erstmals dem Richter vorgeführt.
Bedrohliches Szenario
Der US-Sender ABC berichtete indes unter Berufung aus Geheimdienstkreisen von einem noch bedrohlicheren Anschlagsszenario. Demnach sollen auch die israelische Botschaft in Washington sowie in Buenos Aires im Visier des Iran gewesen sein.
US-Justizminister Eric Holder und FBI-Chef Robert Mueller beriefen am Dienstag eine Pressekonferenz ein, in der sie erste Details der Verschwörung bekannt gaben. Nach seinen Angaben war Präsident Barack Obama schon im Juni in die Attentatspläne eingeweiht worden.
Eine erste Anzahlung von 100.000 Dollar hätten die Hintermänner im Iran bereits an die mexikanische Drogemafia überwiesen, erklärte Justizminister Holder. Der Anschlagsplan war geplatzt, weil Agenten der DEA, der US-Drogenbehörde, mexikanische Drogenkartelle unterwandert haben. Holder würdigte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der mexikanischen Regierung.
Nach Angaben des Justizministers werden die USA den Iran für die Anschlagspläne zur Verantwortung ziehen. Möglicherweise werden die Sanktionen gegen Teheran verschärft. In einer Pressekonferenz deutete Außenministerin Hillary Clinton rigorose Maßnahmen an. In New York erklärte der zuständige Staatsanwalt, die USA könnten keinesfalls zulassen, dass ihr Territorium als Operationsbasis für Angriffe gegen ausländische Würdenträger instrumentalisiert würde.
Mullah-Regime spricht von "Kindermärchen"
Das Regime in Teheran hat die Anschuldigungen unterdessen als "Kindermärchen" zurückgewiesen. Es handle sich um einen Versuch der USA, von den eigenen nationalen Problemen abzulenken. Die "psychologische Kriegsführung" der USA habe begonnen, erklärte ein Sprecher von Präsident Mahmud Ahmadinedschad.
Durch die neuen Enthüllungen zeichnet sich eine Eskalation eines seit langem schwelenden Konflikts ab, den Präsident Obama ursprünglich eindämmen wollte. Zu Amtsbeginn streckte er der iranischen Führung symbolisch die Hand zum Frieden aus, wofür er seitens der Republikaner heftige Schelte bezog. Zum Newroz, dem kurdischen Neujahrsfest, hatte er im März 2009 sogar einen Gruß in Farsi an die Iraner gerichtet. Bei der iranischen Revolte gegen die Mullahs lavierte Obama, um die Kontakte über diplomatische Hinterkanäle zu Teheran nicht zu gefährden.
Kalte Schulter Teherans
Irans Präsident Ahmadinedschad ließ den US-Präsidenten indes ein ums andere Mal abblitzen. Am Atomprogramm rückte er trotz wiederholter Appelle Obamas nie ab. Vielmehr mischte der Iran als Hegemonialmacht stärker denn je im Irak und in Syrien mit.
Wie WikiLeaks enthüllte, empfindet die saudische Monarchie die iranische Nuklearbombe als existenzielle Bedrohung. Als im Zuge des „arabischen Frühlings“ auch im Golf-Emirat Bahrain Unruhen ausbrachen, witterten die Saudis prompt den Iran als Drahtzieher, weil die Schiiten die Bevölkerungsmehrheit stellen. Saudi-Arabien entsandte Truppen ins Nachbarland, um den Aufstand zu ersticken – die USA blieben stumm.