"Sehr stolz": Nato beendet Einsatz bis Ende Oktober

Nato Libyen
Nato Libyen(c) REUTERS (Anis Mili)
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Nach sieben Monaten und dem Tod des libyschen Machthabers Muammar Gaddafi beendet die Allianz die Libyen-Operation. Sie unterstützte die Rebellen mit 9600 Angriffsflügen.

Die Nato will nach dem Tod des libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi ihren Militäreinsatz in Libyen bis 31. Oktober beenden. Dies teilte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in Brüssel mit. Die Entscheidung sei vorläufig, eine endgültige Entscheidung werde in der kommenden Woche getroffen. Die Nato hatte seit Ende März militärische Einrichtungen in Libyen bombardiert und eine Seeblockade verhängt.

Die Nato hatte Ende März das Kommando über den internationalen Militäreinsatz in Libyen übernommen. Basis waren UNO-Resolutionen, die den Schutz der Zivilbevölkerung in Libyen forderten. In den vergangenen sieben Monaten flog das Bündnis mehr als 26.000 Lufteinsätze, darunter mehr als 9600 Angriffsflüge. Bei der Mission "Unified Protector" ("Vereinigte Schutzmacht") bombardierte die Nato Ziele am Boden und setzte eine Flugverbotszone sowie ein Seeembargo für Waffenlieferungen durch.

Russland will Flugerlaubnis entziehen

Nach dem Tod von Gaddafi will Russland allerdings der Nato die Flugerlaubnis über Libyen entziehen. Moskaus UNO-Botschafter Vitali Tschurkin hatte noch am späten Freitagabend (Ortszeit) dem UNO-Sicherheitsrat in New York eine neue Resolution vorgelegt, die die alte Resolution Nr. 1973 vom März zum Teil aufheben soll. Das Nato-Engagement gegen seinen wichtigen Öllieferanten und Waffenkunden Libyen war Russland immer ein Dorn im Auge. Die Sitzung des UNO-Sicherheitsrates am Freitagabend wurde ohne Entscheidung beendet, am Dienstag soll es weitergehen.

Rasmussen sagte, er sei "sehr stolz" auf das, was die Nato in Libyen erreicht habe. Das Bündnis habe "Massaker" an der Zivilbevölkerung verhindert. "In der Zwischenzeit werden wir uns eng mit den Vereinten Nationen und dem Nationalen Übergangsrat beraten", sagte er. Die Nato hatte sich vorerst aber weiter bereit, Zivilisten zu schützen, sagte Rasmussen.

Der Nato-Generalsekretär betonte, der Tod Gaddafis sei niemals Ziel des Bündnisses gewesen. Der Nato-Angriff am Donnerstag auf einen Konvoi bei Sirte, in dem sich Gaddafi befand, sei ohne das Wissen über seine Anwesenheit erfolgt. Dies hatte die Nato schon am Vormittag erklärt. Demnach erfuhr das Bündnis erst später, dass sie "wahrscheinlich" zur Gefangennahme des später getöteten Gaddafi durch Kämpfer der neuen Führung in Libyen beigetragen habe.

"Vollständige Befreiung" am Sonntag

Die neue libysche Führung will unterdessen am Sonntag die "vollständige Befreiung des Landes" erklären. "Wir werden die vollständige Befreiung Libyens am Sonntag um 17 Uhr auf dem Gerichtsplatz in Benghazi verkünden", sagte ein ranghohes Mitglied des libyschen Nationalen Übergangsrats am Freitag. Die neue Führung des Landes hatte den Fall der letzten Bastion von Ex-Machthaber Gaddafi, der Hafenstadt Sirte, zur Bedingung gemacht, um die vollständige Befreiung Libyens zu verkünden, mit den Gesprächen zur Bildung einer Übergangsregierung zu beginnen und anschließend Wahlen anzusetzen.

Gaddafi war am Donnerstag unter bisher ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Seine Leiche soll nach dem Willen des Nationalen Übergangsrats an einem geheimen Ort begraben werden. Der Regierungschef des Übergangsrats, Mahmoud Jibril, habe dies empfohlen, als er die Leiche Gaddafis in Misrata (Misurata) begutachtete, um das Entstehen einer Pilgerstätte um sein Grab zu verhindern, sagten am Freitag mehrere Mitglieder des Militärrats in Misrata der Nachrichtenagentur AFP.

Die Witwe Gaddafis, Safiya Gaddafi, rief unterdessen aus ihrem Exil in Algerien die Vereinten Nationen auf, Druck auf den Übergangsrat auszuüben, dass er die Leiche Gaddafis und seines ebenfalls am Donnerstag in Sirte getöteten Sohns Mutassim seiner Familie zur Bestattung übergebe. In der von dem syrischen Fernsehsender Arrai übertragenen Erklärung forderte sie zudem eine Untersuchung der Todesumstände ihres Mannes. Das US-Außenministerium drängte den Übergangsrat ebenfalls zur Klärung der Todesumstände.

Ein im Internet veröffentlichtes Video sorgte unterdessen für weitere Verwirrung. Auf dem Video ist die Befragung eines jungen Kämpfers des Übergangsrats durch mehrere seiner Kameraden zu sehen, der behauptet, Gaddafi getötet zu haben. Der junge Mann erklärt in dem Video, er habe sich am Donnerstag Truppen aus Misrata beim Einmarsch in Sirte angeschlossen. Dort habe er Gaddafi trotz eines Huts erkannt, wie er zwischen Kindern auf einer Straße lief.

Da die Kämpfer aus Misrata ihn mitnehmen wollten, habe er zweimal auf ihn geschossen, sagte der junge Kämpfer. Er habe ihn in die Achsel und in den Kopf getroffen, doch sei Gaddafi erst eine halbe Stunde später gestorben. In dem Video wird eine blutbefleckte Jacke gezeigt, die angeblich Gaddafi gehörte. Zudem zeigen die Kämpfer einen goldenen Ring, der ihren Angaben zufolge das Datum der Hochzeit Gaddafis mit seiner zweiten Frau Safiya trägt.

(Ag.)

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