Tschechien: Der "Fürst" als Präsident?

Tschechien Fuerst Praesident
Tschechien Fuerst Praesident(c) EPA (HELMUT FOHRINGER)
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Außenminister Karel Schwarzenberg will für das höchste Amt des Landes kandidieren. Beliebt ist er besonders unter Jüngeren, weil er anders als der Rest der politischen Elite frei von jedem Korruptionsverdacht ist.

Prag. Die Tschechen nehmen es seit Jahren amüsiert zur Kenntnis: Ob im Parlament oder bei einer Sicherheitskonferenz, Außenminister Karel Schwarzenberg macht gern mitten in der Debatte ein Schläfchen. „Wenn der Sauerstoffgehalt sinkt und mich Scheinwerfer blenden, kann ich nicht widerstehen, die Augen zu schließen“, sagt er.

Am vergangenen Wochenende aber war „der Fürst“, wie die Tschechen ihn liebevoll nennen, hellwach. Auf dem Kongress seiner Partei TOP 09 fuhr er nicht nur ein Traumergebnis bei der Wiederwahl zum Parteichef ein; er kündigte auch offiziell seine Bewerbung für das tschechische Präsidentenamt an. Den angestrebten Arbeitsort, die Prager Burg, kennt er gut: Er war hier nach 1989 Kanzler bei Vaclav Havel, der den weltmännischen Fürsten aus seinem österreichischen Exil an die Moldau geholt hatte.

Nach Havels Ende als Präsident machte Schwarzenberg selbst Karriere, zunächst als Senator, bis ihn die Grünen 2007 als Außenminister nominierten. Präsident Vaclav Klaus war gegen seine Ernennung, sah den Prager mit Schweizer Pass als „Österreicher“, der schwerlich tschechische Interessen durchsetzen könne. Dies änderte sich, als Schwarzenberg entgegen der Hoffnungen der Sudetendeutschen nicht vom Prager Kurs in der Frage der Beneš-Dekrete abrückte. Da lobte ihn Klaus öffentlich. Längst sind beide aber heftig über Kreuz. Schwarzenberg, mittlerweile zum zweiten Mal Außenminister, ist dem EU-Skeptiker Klaus zu europafreundlich.

Beliebt ist er besonders unter Jüngeren, weil er anders als der Rest der politischen Elite frei von jedem Korruptionsverdacht ist. Seine Partei setzt sich in der Regierung freilich auch für hartes Sparen ein, was Stimmen kostet. Bei einer Wahl von Abgeordnetenhaus und Senat hätte er weniger Chancen als bei einer Direktwahl. „Aber gerade deshalb ziehe ich in den Kampf“, sagte er am Wochenende. Wohl aber auch ein bisschen aus Eitelkeit: Die Schwarzenbergs stellten zwar schon Bürgermeister, Botschafter und Minister, aber noch nie einen Staatspräsidenten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2011)

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