Atomstreit: Russland warnt vor Angriff auf Iran

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Moskau nennt mögliche Attacke einen "ernsten Fehler". Laut einem Bericht der "Washington Post" soll einstiger Sowjet-Waffenspezialist dem Iran bei der Entwicklung von hochpräziser Sprengzünder geholfen haben.

Wien/Apa/Reuters/Red. Der Krieg der Worte wird vor der mit Spannung erwarteten Veröffentlichung des neuen Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA immer heftiger: Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad warnte Israel und die USA am Montag vor einem Angriff auf Irans Atomanlagen. Einziger Zweck einer solchen Attacke sei nur, den gestiegenen Einfluss Teherans zu bekämpfen, sagte Ahmadinejad der ägyptischen Zeitung „Al-Akhbar“. Und auch Russland warnte vor einem Militärschlag: „Ein Angriff wäre ein sehr ernster Fehler, dessen Folgen unabsehbar wären“, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow zur Agentur Interfax. „Militärschläge bringen keine Lösungen, sondern nur viele Opfer.“

Zuletzt war die Möglichkeit eines solchen Militärschlags vor allem in Israel immer offener diskutiert worden. Als ein Grund dafür wird der IAEA-Bericht herangezogen, der – vermutlich am Mittwoch – vorgelegt werden und Hinweise auf ein militärisches Nuklearprogramm Teherans beinhalten soll.

„Iran an der Schwelle zur Atommacht“, lautet die Schlagzeile der üblicherweise gut informierten US-Zeitung „Washington Post“, die sich in ihrem Artikel auf die IAEA-Analyse bezieht. Der bis jetzt durchgesickerte angebliche Inhalt ist einigermaßen brisant: Die „Washington Post“ berichtet, unter anderem habe ein früherer sowjetischer Waffenspezialist Teheran über mehrere Jahre bei der Entwicklung hochpräziser Sprengzünder geholfen. Die Zeitung beruft sich dabei auf westliche Diplomaten und Nuklearexperten. Der Iran habe zudem von technischem Know-how aus Pakistan und Nordkorea profitiert.

Unter anderem soll es Informationen geben, die auf ein Computermodell eines Atomsprengkopfes hindeuten. Die iranische Führung bestreitet, an einer Computersimulation für Atomsprengköpfe zu arbeiten. Außenminister Ali Akbar Salehi hat die Anschuldigungen als haltlos zurückgewiesen.

Laut der israelischen Zeitung „Haaretz“ betreibt der Iran auf der Militärbasis Parchin, 30Kilometer von Teheran entfernt, ein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen. Parchin gelte als Anlage für die Erforschung und Entwicklung nuklearer Waffen. Es gebe dort Hunderte Gebäude und zahlreiche Tunnel und Bunker.

Der israelische Staatspräsident Shimon Peres sagte in einem Fernsehinterview, der Iran könnte in nur sechs Monaten eigene Atomwaffen haben. Israel droht, notfalls im Alleingang Irans Nuklearanlagen zu bombardieren.

Deutschland lehnt Angriff ab

Irans Präsident Ahmadinejad zeigte sich im Gespräch mit der ägyptischen Zeitung „Al-Akhbar“ auch darum bemüht, das nach einem angeblichen iranischen Mordkomplott gegen einen saudischen Diplomaten angeschlagene Verhältnis zu Saudi-Arabien zu kitten. Die USA wollten mit ihren „Lügen“ einen Keil zwischen Teheran und Riad treiben. Vergangenen Monat deckten US-Behörden einen angeblich im Iran in Auftrag gegebenen Mordplan gegen den Botschafter Saudi-Arabiens in Washington auf. Der Iran bestreitet jede Beteiligung.

Auch die deutsche Bundesregierung lehnt militärische Maßnahmen im sich zuspitzenden Streit um das iranische Atomprogramm ab. Sie plädiert für eine Ausweitung des politischen und diplomatischen Drucks.

Auf einen Blick

Die Atomenergiebehörde (IAEA) legt in einem neuen, brisanten Bericht über das iranische Atomprogramm neue Fakten vor: Die USA, Großbritannien und vor allem Israel erhöhen den Druck auf den Iran massiv, in Israel wird über einen Militärschlag spekuliert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2011)

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