Iran-Politik: Gedämpfte US-Töne gegen Atombastler

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Die Obama-Regierung verfolgt eine defensive Strategie gegen das Mullah-Regime. Eine Militäraktion würde den Iran nicht von seinem Atomprogramm abhalten, erklärte der Pentagon-Chef

Keine Kriegstrommeln am Potomac, keine martialische Rhetorik aus Washington, keine Alarmstimmung im Weißen Haus: Die Zurückhaltung der US-Regierung auf den Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) über die Atompolitik des Iran gipfelte in einer Warnung des Verteidigungsministers Leon Panetta vor einem Militärschlag gegen das Mullah-Regime in Teheran. Dies würde nur die gesamte Region in Mitleidenschaft ziehen und „unbeabsichtigte Folgen“ haben – insbesondere auf die US-Streitkräfte am Persischen Golf.

Abkehr von diplomatischer Floskel

Es nahm sich beinahe resignativ aus, als der Pentagon-Chef erklärte, eine Militäraktion würde den Iran nicht von seinem Atomprogramm abhalten – so, als hätte sich Washington insgeheim mit einer Nuklearmacht Iran bereits abgefunden. Robert Gates, Panettas Vorgänger, hatte den Ton vorgegeben: Eine Militärintervention würde das iranische Atomprogramm nur hinauszögern. Der Report, so verlautete nun aus dem Weißen Haus, spreche für sich selbst. Geradezu naiv-optimistisch formulierte Panetta: „Unsere Hoffnung ist, dass der Iran beschließt, sich der internationalen Gemeinschaft anzuschließen.“

Die Reaktion aus dem Pentagon markiert eine signifikante Abkehr von der bisherigen diplomatischen Standardfloskel, wonach alle Optionen auf dem Tisch lägen – eine leere Drohung, wie sich im Lauf der Jahre herausgestellt hat. Die realpolitische Nüchternheit der Obama-Regierung konterkariert nicht nur den „Krieg der Worte“ der Ära George W. Bush über die „Achse des Bösen“ und die aktuell grassierenden Spekulationen über einen Militärschlag Israels, sondern auch die Aufregung in den USA über die Aufdeckung eines bizarren Mordkomplotts der iranischen Revolutionsgarden gegen den saudischen US-Botschafter vor nicht einmal einem Monat.

Kurz darauf stuften Topmilitärs das iranische Nuklearpotenzial als größte Bedrohung, größer als die Terrorgefahr durch die al-Qaida, ein. Damals forcierte Washington eine Verschärfung der Sanktionen und versuchte, die westlichen Alliierten sowie die Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat – Russland und China – für eine geschlossene Politik gegen Teheran zu gewinnen. Ohne durchschlagenden Erfolg: Der dilettantische Attentatsplan stieß hier wie dort auf Zweifel und Ungläubigkeit.

Washingtons Iran-Politik signalisiert eine gewisse Ratlosigkeit und Unentschlossenheit, die sowohl von ökonomischem wie von politischem Kalkül geleitet ist. Sanktionen gegen die iranische Zentralbank, wie sie die Republikaner im Kongress urgieren, könnten die Öl- und Gasindustrie des Iran zwar empfindlich treffen, aber zugleich die Öl- und Gaspreise in die Höhe treiben und so die ohnehin labile Konjunktur in den USA und in Europa noch weiter ins Schlingern bringen. International haben die USA ohnedies einen schweren Stand: China und Russland sind Sanktionen abgeneigt, Länder wie Japan oder Südkorea auf die iranischen Ölexporte angewiesen. Der republikanische Vorschlag würde alle Länder und Firmen, die Geschäfte mit der iranischen Zentralbank abwickeln, unter Bann stellen. Geschäftsleute erhielten kein US-Visum.

Druck der Republikaner

Offenkundig ist Barack Obama nicht daran gelegen, an der Schwelle des Wahljahres den Konflikt mit dem Iran an die Spitze zu treiben und ihn zu einem Wahlkampfthema zu machen. Dafür sorgen indes die Republikaner. In einem Kommentar im „Wall Street Journal“ hat sich Mitt Romney, Obamas wahrscheinlichster Kontrahent, als außenpolitischer Falke und dezidierter Israel-Freund positioniert. „Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor“, zitierte er eine lateinische Sentenz. Er würde alles unternehmen, um das iranische Atomprogramm zu stoppen, schwor er – und auch vor militärischen Mitteln und einem Alleingang der USA nicht zurückschrecken. „Die Sanktionen haben ihr Ziel klar verfehlt“, übte Romney Kritik an der Obama-Regierung. Mit dem Ausscheiden von Dennis Ross kommt ihr überdies demnächst ihr führender Nahost- und Iran-Experte abhanden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2011)

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