Italien: Montis Expertenregierung vereidigt

Italien: Montis Expertenregierung steht
Italien: Montis Expertenregierung steht(c) REUTERS (Stringer/italy)
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Der neue Premier Mario Monti übernimmt auch das Wirtschaftsressort. Seine Expertenegierung soll Italien aus der Schuldenkrise führen.

Die neue italienische Regierung unter Ministerpräsidenten Mario Monti ist fixiert. Monti legte Staatspräsident Giorgio Napolitano am Mittwoch in Rom die Ministerliste vor. Um 17 Uhr wurde das neue Kabinett vereidigt.

Das Kabinett besteht ausschließlich aus Experten, anders als zuletzt vermutet gehören ihm keine Politiker an. Monti übernimmt zusätzlich zum Amt des Regierungschefs auch das Wirtschaftsportfolio. Industrieminister wird der bisherige Chef der italienischen Bank Intesa San Paolo, Corrado Passera. Das Amt des Innenministers übernimmt Anna Maria Cancellieri. Der Rektor der Mailänder Universität Cattolica, Lorenzo Ornaghi, wird Kulturminister.

Striktes Sparprogramm geplant

Mit den Fachleuten will der frühere EU-Kommissar Monti Italien aus den Wogen der akuten Schuldenkrise führen und den wirtschaftlichen Neubeginn sichern. Er feilt an einem Regierungsprogramm, das allein im kommenden Jahr Sparmaßnahmen in Höhe von 25 Milliarden Euro vorsieht. Erwartet wird, dass Monti mit einer einmaligen Vermögensabgabe die Schuldenlast Italiens senkt und die Immobiliensteuer auf Eigentumswohnungen wieder einführt. Außerdem will er den Verkauf staatlicher Immobilien beschleunigen, was den Staatskassen in drei Jahren fünf Milliarden Euro bescheren sollte. In Städten und Gemeinden soll die Privatisierung kommunaler Tochterunternehmen forciert werden.

Monti dürfte auch das Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre erhöhen. Zudem plant er offenbar, mit einer Liberalisierungsoffensive, einer Lockerung der Kündigungsbestimmungen und Begünstigungen bei großen Infrastrukturprojekten das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Die neue Regierung um Mario Monti wird sich am Donnerstagabend einer Vertrauensabstimmung im Senat stellen, am Freitag findet das Vertrauensvotum in der Abgeordnetenkammer statt. Montis Regierung wird von einer breiten Koalition unterstützt. Einzelne Pläne Montis sind aber freilich umstritten. Die linke Demokratische Partei (PD) etwa stemmt sich gegen eine Auflockerung des Kündigungsschutzes. In der PdL um Silvio Berlusconi ist eine Vermögensabgabe äußerst umstritten.

Als einzige größere Partei wird die rechtspopulistische Lega Nord in Opposition gehen. Parteichef Umberto Bossi prophezeit der neuen Regierung Erfolglosigkeit:  "Sie wird von einer bunten Mischung von Parteien unterstützt und wird wenig zustande bringen."

Monti hofft auf Zuversicht der Märkte

Monti sagte am Mittwoch, er hoffe, dass mit der neuen Regierung die Zuversicht in die Märkte wieder einkehren werde. Am Donnerstag will er das neue Regierungsprogramm dem Senat in Rom präsentierten.

Monti dankte den politischen Kräften, die sein Kabinett unterstützen wollen. Dass sich keine Politiker an seiner Regierung beteiligen, werde die Arbeit des Kabinetts erleichtern. Seinem zurückgetretenen Vorgänger Silvio Berlusconi dankte er für die konstruktive Zusammenarbeit.

Mario Monti

Monti wurde am 19. März 1943 als Sohn eines Bankiers in Varese (Lombardei) geboren. Nach dem Studium der Ökonomie schlug er die wissenschaftliche Laufbahn ein. Ab 1995 war der überzeugte Europäer zehn Jahre Mitglied der EU-Kommission. Zunächst war er in Brüssel für Binnenmarkt und Steuern, dann für Wettbewerb zuständig.

(APA)

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