Demobilisierung: "Das Baby Libyen wächst"

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Die verschiedenen libyschen Rebellengruppen sollen unter einem Kommando vereinigt werden. Während des Aufstandes hatten sie autonom operiert.

Wien/W.s. Die Rebellen marschierten mit einem gemeinsamen Ziel: dem Sturz von Muammar al-Gaddafi. Jetzt ist Libyens Ex-Diktator tot und sein Regime Geschichte. Doch die hunderten verschiedenen Rebellentruppen wurden nach wie vor nicht demobilisiert. Während des Aufstandes hatten sie autonom operiert. Und noch immer pochen Gruppen aus Städten wie Misrata oder Zintan auf große Eigenständigkeit gegenüber dem libyschen Übergangsrat in der Hauptstadt Tripolis. Beobachter sehen das als Sicherheitsrisiko für den Aufbau eines neues Libyen.

„Jetzt gibt es eine neue Regierung, und all diese Gruppen werden unter einem gemeinsamen Dach vereinigt werden“, sagte dazu am Mittwoch der politische Aktivist und ehemalige Vertreter des Übergangsrates (NTC) in Großbritannien, Guma al-Gamati, vor Journalisten in Wien. Sowohl der neue Verteidigungs- als auch der neuen Innenminister seien einstige Rebellenkommandanten und würden bei allen Anti-Gaddafi-Gruppen großen Respekt genießen. „Alle ehemaligen Kämpfer haben jetzt die Wahl: Sie können in die neue Armee eintreten, oder sie geben die Waffen ab und kehren in ihr ziviles Leben zurück.“

Dass einige der Rebellengruppen beginnen könnten, gegeneinander zu kämpfen oder gegen die neue Regierung, schloss Gamati aus. „Kein einziger Kämpfer ist gegen den Aufbau nationaler Institutionen.“ Husni Bey, libyscher Geschäftsmann, der in der Gaddafi-Ära im Gefängnis saß, pflichtete ihm bei: „Es wäre auch keine der Rebellengruppen groß genug oder hätte genug Geld, um die Regierung herausfordern zu können.“

Erdölproduktion angekurbelt

Die Lage in Libyen habe sich nach dem Sturz Gaddafis bereits weitgehend normalisiert, sagte Bey. „Das Land ist wie ein neugeborenes Kind. Und es wächst und gedeiht.“ Die Erdölproduktion sei mittlerweile wieder auf 700.000 Barrel pro Tag gesteigert worden, 200.000 Barrel mehr als vor einem Monat, berichtete der Geschäftsmann. 2010 lag der höchste Wert bei 1,7 Milliarden Barrel pro Tag.

Um ein neues Libyen aufbauen zu können, benötige die neue Regierung all die libyschen Gelder, die im Ausland eingefroren wurden, forderte der ehemalige NTC-Vertreter in London, Gamati. Dabei handle es sich um etwa 160 Milliarden US-Dollar. „Es ist für uns lebenswichtig, Zugang zu den Geldern zu haben“, sagte Gamati. Sie waren während der Revolution als Sanktion gegen das Gaddafi-Regime eingefroren worden. Österreich hat bereits 150 Millionen Euro wieder freigegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2011)

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