Brachte der Iran die "Bestie von Kandahar" zur Strecke?

Brachte Iran Bestie Kandahar
Brachte Iran Bestie KandaharPresse
  • Drucken

Rüstung. Der Iran will eine im Radar unsichtbare Aufklärungsdrohne vom US-Typ „Sentinel" abgeschossen haben. Stimmt das, wäre die Luftkriegsstrategie der USA nachhaltig bedroht.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Mai dieses Jahres saßen US-Präsident Barack Obama und andere Regierungsmitglieder sowie Militärs im Weißen Haus und wurden Zeugen, wie tausende Kilometer entfernt US-Truppen das Haus von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden in Abbottabad (Pakistan) stürmten und den Superterroristen töteten.

Die Bilder der Aktion flimmerten live über die Monitore, sie wurden hoch über Abbottabad von einer ferngesteuerten Aufklärungsdrohne vom Typ RQ-170 „Sentinel" (Wächter) mit Nachtsichtkameras aufgenommen und übermittelt - das wurde zuletzt im September in einem Bericht des US-Magazins „Aviation Week" bestätigt.

Nun könnte das Schicksal diese Drohne (oder eine ihrer wenigen „Schwestern") ereilt haben: Iranische Medien berichten, im Osten des Landes sei am Sonntag eine Sentinel abgeschossen worden. Andere Berichte behaupten, sie sei zur Landung gezwungen und leicht beschädigt worden; man habe die Signalverbindung gestört. Die Internationale Stabilisierungstruppe für Afghanistan und die USA gab zu, dass eine US-Drohne „abgängig" sei, die im Westen des Landes operiert habe. Über den Typ sagte man nichts.

Noch keine klaren Beweise

Der Iran blieb zwar Beweise schuldig, es wurden keine Fotos veröffentlicht. Zudem hat der Iran schon mehrfach fälschlich behauptet, Drohnen zerstört zu haben. Sollten aber Berichte vom Verlust der Sentinel stimmen, wäre das eine Bombe: Dann wäre Teheran im Besitz eines der geheimnisvollsten Militärsysteme der Welt, das dank Tarnkappentechnik im Radar unsichtbar („stealth") ist. In weiterer Folge wäre die ganze Luftkriegsstrategie der USA, die verstärkt auf Stealth-Jets wie die F-22 „Raptor" und die F-35 „Lightning II" setzen, im Eimer - denn vielleicht knacken die Iraner die Tarnkappentechnik.

Die RQ-170 wurde von Lockheed Martin gebaut, Details sind unbekannt, lange gab es keine Fotos. Sie ist ein Nurflügelflugzeug (ein Ding ohne Rumpf, bei dem die Tragflächen ineinander übergehen; der Österreicher Igo Etrich hat so etwas schon vor 1910 entwickelt) mit Spannweite von 20 bis 30 Metern, angeblich nur mit Kameras und Radar bestückt. 2007 sahen Journalisten am Flughafen Kandahar (Afghanistan) nahe einer US-Basis erstmals eine Sentinel, worauf Militärfachjournalist Bill Sweetman („Aviation Week", „IHS Jane's Defence") dem Gerät den Namen „Bestie von Kandahar" gab. 2009 bestätigte die Airforce ihre Existenz und dass sie eine „Stealth-Drone" sei; es soll nur ein halbes Dutzend geben. Man sah sie auch in Südkorea und vermutet, sie fliege über Nordkorea - und da Afghanistans Taliban kein Radar haben und man dort Stealth nicht braucht, gilt als sicher, dass die Bestie(n) von Kandahar meist über den Iran und Pakistan fliegen.

Echtes „Hacken" kaum realistisch

Wie sie vom Himmel geholt werden konnte, ist rätselhaft: Vielleicht sei sie wegen Schlechtwetters tief geflogen (unter vier Kilometer) und mit bloßem Auge entdeckt worden, sagt Georg Mader, Korrespondent des Militärmagazins „IHS Jane's Defence", zur „Presse". Dann habe man sie mit Kanonen abschießen können: „Das flache Ding kriegt drei Löcher, gerät außer Kontrolle, überschlägt sich beim Aufprall, bleibt liegen." Sollte die Drohne in ihrer normalen Flughöhe (um die zehn km) geflogen sein, könnte man sie nur per Radar entdeckt und mit Raketen oder Flugzeugen abgeschossen haben (oder mit anderen „Stealth-Knackern", s. Lexikon). Allerdings wäre das Fluggerät dabei wohl „pulverisiert" worden, so Mader.

"Stealth-Knacker"

Die Tarnkappentechnik wurde in Ansätzen in Deutschland um 1944 entwickelt, echte Stealth-Flugzeuge bauten erst die USA in den 80ern. Basis sind Stoffe und Beschichtungen, die Radarwellen absorbieren, und Formen, die die Wellen nicht zum Sender reflektieren. „Stealth“-Knacker gibt es, etwa besondere Radaranordnungen und Geräte, die Reibungswärme suchen. Die tschechische Firma „Era“ baut ein „Passivradar“: Es emittiert nichts, sondern filtert aus dem Strahlungshintergrund, der sich z. B. durch Mobilfunk und Radio ergibt, Störungen, die ein Flugobjekt darin erzeugt – ähnlich wie ein Schiff Wellen.Experten halten es für möglich, dass die Steuersignale unterbrochen werden können - allerdings würden Drohnen dann automatisch zum Startort zurückfliegen. Oder aber so lange kreisen, bis der Sprit ausgeht. Dass man sich aber in eine Drohnensteuerung „hacken" und sie übernehmen könne, glaubt niemand: Es wäre nämlich fast unmöglich, die Codierung der Steuersignale zu entschlüsseln und zu imitieren.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

A customer buys Iranian gold coins at a currency exchange office in Tehran
Außenpolitik

Zwist in Iran-Frage: US-Senat stellt sich gegen Obama

Der US-Senat stimmt für neue Sanktionen gegen den Iran. Damit stellt er sich gegen die Bedenkend es Weißen Hauses. Hintergrund ist der Streit um das iranische Atomprogramm.
Außenpolitik

Härtere Strafmaßnahmen: EU verstärkt Druck auf Iran

Der Sturm auf die britische Botschaft in Teheran hat Konsequenzen. Die EU-Außenminister nehmen bei ihren Sanktionen nun auch den iranischen Erdölsektor, zusätzlich zum Finanzsystem ins Visier.
Leitartikel

Der Mob von Teheran schweißt Irans Gegner zusammen

Die Eskalation in den Beziehungen zwischen dem Iran und dem Westen verlangt nicht nur härtere, sondern schlauere, konterintuitive Sanktionen.
Iran nimmt USMilitaerbasen Deutschland
Außenpolitik

Iran nimmt US-Militärbasen in Deutschland ins Visier

Der Iran plant offenbar bereits Vergeltungsmaßnahmen für einen möglichen US-Angriff. Die deutsche Bundesanwaltschaft ermittelt.
ueberlegt oelembargo gegen Iran
Außenpolitik

EU überlegt Öl-Embargo gegen Iran

Die EU-Außenminister haben neue Strafmaßnahmen beschlossen und arbeiten bereits an weiteren Maßnahmen. Diese sollen den Energiesektor treffen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.