Korruption: Frankreichs Ex-Präsident Chirac verurteilt

Former French President Jacques Chirac is applauded as he arrives at the awards ceremony for the Prix
Former French President Jacques Chirac is applauded as he arrives at the awards ceremony for the Prix(c) Reuters (Charles Platiau)
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Schuldspruch für Jacques Chirac: Der 79-Jährige fasst wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder zwei Jahre Haft auf Bewährung. Es geht um einen Korruptions-Skandal aus seiner Zeit als Pariser Bürgermeister.

Der französische Altpräsident Jacques Chirac ist am Donnerstag im Prozess um Scheinarbeitsverhältnisse im Pariser Rathaus schuldig gesprochen worden. Ein Gericht in der französischen Hauptstadt verurteilte den heute 79-Jährigen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Dabei hatte auch die Staatsanwaltschaft Ende September einen Freispruch gefordert. Chirac veruntreute nach Ansicht des Gerichts öffentliche Gelder und beging Vertrauensmissbrauch.

In dem Prozess ging es um Chiracs Zeit als Pariser Bürgermeister: Anfang der Neunziger soll der heute 79-Jährige insgesamt 21 Mitarbeiter aus der Stadtkasse bezahlt haben, ohne das sie für die Stadt auch arbeiteten.

Einige seien schon für Chiracs Präsidentschaftswahlkampf aktiv gewesen, in anderen Fällen soll es sich um reine Gefälligkeitsjobs wie etwa für den Präsidenten Charles de Gaulle gehandelt haben.

Chiracs Anwalt Georges Kiejman sagte im Nachrichtensender BFM-TV, er wolle mit seinem Mandanten zunächst die Begründung des Urteils studieren. Danach werde über die weiteren Schritte entschieden. "Wir werden heute Abend sehen, ob er das Urteil anerkennen wird."

Der Anwalt der Antikorruptions-Organisation Anticor, Jerome Karsenti, sprach von einer "historischen Entscheidung der Justiz", die für die Zukunft der französischen Demokratie extrem wichtig sei. Er meinte vor Journalisten: "Das ist eine Botschaft an alle Politiker (...) Das ist auch der Beleg für eine reife, transparente Demokratie." Die Organisation hatte öffentlichen Druck aufgebaut für den Prozess, aber vergeblich eine Zulassung als Nebenkläger versucht.

Chirac brauchte wegen gesundheitlicher Probleme nicht selber vor Gericht erscheinen. Er war während seiner Amtszeit vor jeder Strafverfolgung geschützt und hat bisher stets illegale Tätigkeiten bestritten. Die Anklage wurde erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Staatspräsidenten im Jahr 2007 möglich.

Reaktionen der Parteien

Die französische Linksopposition begrüßte am Donnerstag die Verurteilung von Chirac einstimmig, während sich die konservative Regierungsmehrheit zurückhaltend zeigte. Der Elysee-Palast verweigerte bisher jeden Kommentar. Nur soviel: Der Elysee Palast "reagiert nicht auf die Verurteilung", sagte der Sprecher von Präsident Nicolas Sarkozy (UMP), Franck Louvier. Premier Francois Fillon (UMP) meinte dagegen, das Urteil sei "mehr als 20 Jahre nach den Vorfällen zu spät" gekommen und werde "die persönliche Beziehung zwischen den Franzosen und Jacques Chirac nicht ändern".

"Die Gerechtigkeit musste sich durchsetzen, damit nicht ein Gefühl der Straffreiheit entstehen konnte", betonte der sozialistische Präsidentschaftskandidat Francois Hollande (PS) und fügte hinzu, dass die "Verspätung" des Urteils erneut die Frage um die strafrechtliche Immunität des Präsidenten der Republik aufwerfe. Der Altpräsident der "Front National" (FN), Jean-Marie Le Pen, der 2002 bei der Stichwahl gegen Chirac angetreten war, begrüßte das Urteil. Chirac "wurde am Eingang zum Friedhof von der Justiz eingeholt, es ist nie zu spät, um gute Dinge zu machen", sagte der 83-Jährige.

(Ag.)

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