Irak: Haftbefehl gegen Vizepräsident Hashemi

Archivbild: Hashemi im Jahr 2009
Archivbild: Hashemi im Jahr 2009(c) EPA (Ali Abbas)
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Hashemi soll in mehrere Morde und in einen Anschlag auf Ministerpräsident Malaki verwickelt sein. In Regierungskreisen nehmen die konfessionellen Spannungen zu. Maliki droht mit seinem Rücktritt.

Die irakischen Behörden haben einen Haftbefehl gegen den sunnitischen Vizepräsidenten Tareq al-Hashemi erlassen. Nach Angaben eines ranghohen Mitarbeiters der Sicherheitsbehörden hat die Regierung Hinweise auf eine Verwicklung des Politikers in "terroristische Aktivitäten" erhalten. Der sunnitischen Politiker soll an Attentaten und Bombenanschlägen beteiligt gewesen sein. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, in einen Anschlag auf den schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki Ende November verwickelt gewesen zu sein, hieß es im irakischen Staatsfernsehen am Montag.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am Montag, drei verhaftete Leibwächter Hashemis hätten in Verhören eine Beteiligung des Politikers an mehreren Morden gestanden. Die Opfer sollen Regierungsmitglieder und ranghohe Sicherheitskräfte gewesen sein. Angeblich haben sie aus dem Stab Hashemis Geld bekommen und im Gegenzug Menschen getötet und Bomben an Straßen deponiert. Das irakische Staatsfernsehen strahlte ihre Geständnisse aus.

Der Haftbefehl gegen Hashemi sei von fünf Richtern unterzeichnet worden, sagt der Sprecher, es sei daher auch wahrscheinlich, dass er vollzogen wird. Momentan befindet sich der Vizepräsident in Kurdistan, einer autonomen Region im Norden. Eine unmittelbare Verhaftung Hashemis ist daher nicht zu erwarten. Vor der Ausstellung des Haftbefehls hatte der oberste Richterrat des Landes ein Reiseverbot für Hashemi und mehrere seiner Parteigänger verhängt.

Konfessionale Spannungen im Irak

Nach dem Abzug der US-Truppen vergangene Woche wird nun befürchtet, dass konfessionelle Differenzen im Irak wieder stärker werden. Der Höhepunkt der Spannungen zwischen den islamischen Gruppen der Schiiten und Sunniten war 2006 und 2007, als tausende Menschen bei Anschlägen getötet wurden.

Die Ernennung des Sunniten Hashemi zum Vizepräsidenten war Teil einer Proporz-Vereinbarung der irakischen Parteien. Nach den Wahlen im März 2010 konnte lange keine Einigung erzielt werden. Vor knapp einem Jahr, im Dezember 2010, wurde dann eine Regierung der nationalen Einheit geformt, in der alle wesentlichen politischen Akteure vertreten sind. Die Regierung wird allerdings von den Parteien der Schiiten dominiert, zu denen auch Ministerpräsident Maliki gehört.

Vizepräsident Hashemi gilt als scharfer Kritiker des Regierungschefs Maliki. Der sunnitische Block im irakischen Parlament, Al-Iraqiya, hat als Reaktion auf den Haftbefehl bereits angekündigt, die Regierung boykottieren zu wollen.

Tritt der Ministerpräsident zurück?

Vor einigen Tagen hat zudem der sunnitische Stellvertreter Malikis, Salih al-Mutlak von Al-Iraqiya, erklärt, der Ministerpräsident sei ein schlimmerer Diktator als der gestürzte Präsident Saddam Hussein, denn der habe im Gegensatz zu Maliki wenigstens die Infrastruktur des Irak verbessert. Der schiitische Ministerpräsident Maliki geht nun seinerseits in die Offensive: Wenn das Parlament seinem Stellvertreter nicht das Vertrauen entziehen sollte, werde er selbst binnen zwei Tagen sein Amt niederlegen, berichtet die irakische Tageszeitung Al-Mada am Dienstag.

(APA)

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