Nach Kims Tod: Nachbarn hoffen auf neue Atomgespräche

Nach Kims Nachbarn hoffen
Nach Kims Nachbarn hoffen(c) EPA (YONHAP)
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Die Elite des Landes verabschiedet sich vom aufgebahrten Diktator. Noch ist nicht sicher, ob Militär und Geheimdienste neuen Staatschef unterstützen. China fürchtet Machtkämpfe in Nordkoreas KP. Japan rüstet auf.

Der Besuch war so ungewöhnlich wie symbolisch: Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao erschien am Dienstag in Nordkoreas Botschaft am Pekinger Park des Sonnentempels und übermittelte sein Beileid für den Tod des am Samstag 70-jährig verstorbenen nordkoreanischen Herrschers Kim Jong-il. Alle großen Pekinger Zeitungen druckten Bilder Kims. Besonders warmherzig betrauerte „China Daily“ den Tod des Diktators mit der Überschrift „Abschied eines Freundes“.

Zuvor ließ Chinas Staats-TV eine Erklärung verlesen, in der Partei und Armee den 29-jährigen Kim Jong-un als Nachfolger seines Vaters gutheißen: „Wir glauben, dass sich Nordkoreas Volk gemäß dem Wunsch des Genossen Kim Jong-il um die Arbeiterpartei zusammenschließen und unter Führung des Genossen Kim Jong-un Kummer in Stärke verwandeln wird.“

Unsicherheit in China

All das sind wichtige Gesten der Unterstützung für Nordkorea, dessen Abhängigkeit von China seit Jahren stark steigt. Sie können aber nicht verbergen, dass sich Chinas Elite große Sorgen über den Nachbarn macht. Denn noch ist unsicher, ob dessen Militär und Geheimdienste den neuen Staatschef völlig unterstützen, wie es die Generäle beteuern. Auch ist Streit über Reformen denkbar; selbst die besten Freunde der Nordkoreaner wissen jedenfalls wenig über deren Interna. „Wir sind sehr beunruhigt“, sagte ein chinesischer Diplomat auf die Frage, wie stabil man die Lage einschätze.

Südkoreas Regierung äußerte gegenüber der Bevölkerung Nordkoreas, die, traut man den TV-Bildern, in teils hysterische Massentrauer verfallen ist, ihr Mitgefühl. Man wolle aber keine Trauerdelegation schicken, sagte Minister Yu Woo-ik. Dafür dürften Angehörige des früheren südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung nach Nordkorea reisen. Kim Jong-il hatte 2009 nach dessen Tod eine Beileidsdelegation nach Seoul geschickt; beide Kims hatten Juni 2000 beim ersten innerkoreanischen Gipfel in Pjöngjang Gespräche geführt. Kim Dae-jung bekam dafür den Friedensnobelpreis.

Neue Nuklearverhandlungen?

Die Beerdigung Kim Jong-ils findet am 28. Dezember statt; sein Körper ist in einem von Blumen umgebenen Glassarg im Kumsusan-Mausoleum in Pjöngjang aufgebahrt; dort ruht der Leichnam seines Vaters, des 1994 verstorbenen Staatsgründers Kim Il-sung.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte, sie sei besorgt um das Wohl des nordkoreanischen Volkes. Japan und die USA wollten einen friedlichen Übergang, sagte US-Präsident Barack Obama. China, die USA und Südkorea hätten sich telefonisch über die Vorgehensweise abgestimmt, hieß es aus dem Außenamt in Peking. Dabei sei es auch um den Umgang mit dem Nuklearprogramm Nordkoreas gegangen, und ob bzw. wann die „Sechsparteiengespräche“ unter Einbeziehung Russlands und Nordkoreas dazu wieder aufgenommen werden könnten.

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, der Japaner Yukiya Amano, sagte, man wolle wieder Inspektoren nach Nordkorea schicken; Pjöngjang hatte diese 2009 ausgewiesen.

Japan kauft US-Kampfflugzeuge

Aus dem Weißen Haus hieß es, Präsident Obama habe Japans Premier Yoshihiko Noda Unterstützung bei der Landesverteidigung zugesichert, falls es in der Region „Probleme“ geben sollte. Tokio bereitet sich freilich auch so darauf vor und bestellte am Dienstag offiziell 42 im Radar kaum sichtbare Jagdbomber von US-Typ F-35 „Lightning II“; sie ersetzen 82 ältere Jets. Kosten: über 5,3 Milliarden Euro. Verteidigungsminister Yasuo Ichikawa sagte, mit den neuen Fliegern passe man sich ans „veränderte Sicherheitsumfeld“ an.

Die Entscheidung für den Kauf war nach einer internationalen Ausschreibung intern allerdings schon früher gefallen („Die Presse“ berichtete in der Vorwoche) und hatte mit Kims Tod nichts zu tun.

Gastkommentar S. 26

Lexikon

Nordkoreas Staatschef starb nach offiziellen Angaben am vorigen Samstag infolge eines Herzinfarkts. Er hatte seit dem Tod seines Vaters Kim Il-sung, dem Gründer Nordkoreas, anno 1994 regiert und wurde 70 Jahre alt. Laut der amtlichen Darstellung waren es 69 Jahre. Grund: Diese nennt als Geburtsjahr 1942, zudem soll Kim auf dem Paektu, einem heiligen Berg an der Grenze zu China, geboren worden sein. Laut sowjetrussischen Dokumenten wurde er aber 1941 geboren – in einem Dorf nahe Chabarowsk im Fernen Osten der damaligen UdSSR, wo sein Vater ein Lehrcamp für KP-Funktionäre besuchte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2011)

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