Syrien: Beobachter eingetroffen, 70.000 auf der Straße

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Die Beobachter der Arabischen Liga sind in Homs eingetroffen. Ihre Ankunft ermutigte bis zu 70.000 Demonstranten zu einem Protestmarsch gegen das Regime.

Erstmals seit Ausbruch der Anti-Regierungsproteste in Syrien vor neun Monaten verschaffen sich internationale Beobachter vor Ort einen Eindruck von der Lage. Eine Delegation der Arabischen Liga traf am Dienstag in der Protesthochburg Homs ein, wo allein zu Wochenbeginn nach Angaben der Opposition 34 Menschen bei Angriffen von Regierungstruppen getötet wurden. Dabei sollen die Soldaten auch Panzer eingesetzt haben. Diese seien aber kurz vor Ankunft der Beobachter in der drittgrößten Stadt des arabischen Landes abgezogen worden, teilte die Menschenrechtsorganisation Syrian Observatory mit Sitz in Großbritannien unter Berufung auf Aktivisten mit.

Die Regierungsgegner nutzten den Rückzug zu einer spontanen Großdemonstration. Nach Angaben von Aktivisten versammelten sich mindestens 70.000 Menschen in einem besonders umkämpften Stadtteil. Der Protestzug habe sich auf das Stadtzentrum zubewegt, meldete die Oppositionsgruppe. Sicherheitskräfte versuchten, den Zug mit Einsatz von Tränengas zu stoppen. Offenbar fühlen sich die Demonstranten durch den Besuch der Beobachter ermutigt, auf die Straße zu gehen.

Die internationalen Experten sollen sich ein Bild der Lage verschaffen. Die Delegation will ihren Einsatz am Mittwoch fortsetzen. Der Chef der Gesandten, der sudanesische General Mustafa al-Dabi, sprach von einem ersten "sehr guten" Besuch. "Ich kehre zu Treffen nach Damaskus zurück und werde morgen wieder nach Homs fahren", sagte Dabi. Sein Team verbleibe in Homs.

Der Fernsehsender Al-Jazeera zeigte aufgebrachte Syrer, die "Wir haben niemanden außer Gott" und "Nieder mit dem Regime" riefen. In einem ins Internet gestellten Video war zu sehen, wie Demonstranten die Beobachter um Schutz anflehten. Da die syrische Führung unter Präsident Bashar al-Assad die meisten ausländischen Journalisten des Landes verwiesen hat, lassen sich Angaben rund um die Proteste und das gewaltsame Vorgehen der Regierungskräfte kaum unabhängig überprüfen. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bisher mehr als 5000 Syrer getötet. Die Staatsführung hat erklärt, sie gehe gegen islamistische Terroristen vor, die aus dem Ausland gesteuert würden.

Die Beobachter sollen überprüfen, ob Assad sich an einen Friedensplan hält, der den Abzug von Truppen aus Städten, die Freilassung von Gefangenen und die Aufnahme von Gesprächen mit der Opposition vorsieht. Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass der auch internationale zunehmend isolierte Staatschef das Abkommen umsetzt. Die ersten 50 Beobachter waren nach wochenlangen Verhandlungen mit der syrischen Führung am späten Montagabend unter der Leitung von Dabi in Damaskus eingetroffen. Etwa 100 weitere sollen in Kürze folgen. Zum Auftakt ihres Besuchs in Homs kam eine Beobachter-Gruppe mit dem dortigen Gouverneur zusammen, wie der syrische Fernsehsender Dunia berichtete.

(Ag.)

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